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UN: Schutz der biologischen Vielfalt zügig umsetzen

Die Biodiversität gilt als eine der wichtigsten Ressourcen für den Erhalt der Lebensgrundlagen auf der Erde. Die intensive Naturausbeutung hat jedoch zu einem gefährlichen Verlust geführt, der sich nur durch konsequenten Ressourcenschutz aufhalten lässt. Zum internationalen Tag der biologischen Vielfalt fordert die UN Politik und Wirtschaft auf, das gemeinsame Schutzabkommen von 2022 zügig umzusetzen.

Ressourcenschutz ist der beste Natur- und Klimaschutz, denn er schafft die Grundlage dafür: Werden Rohstoffe im Kreislauf geführt, Naturräume renaturiert und geschützt, die Massentierhaltung abgeschafft, die industrielle Landwirtschaft in eine ökologische überführt ... die möglichen Maßnahmen für den Schutz natürlicher Ressourcen und damit die Entlastung der Atmosphäre wie der Biosphäre sind zahlreich.

Doch leider hat die Biodiversität in der gesellschaftlichen Wahrnehmung nicht die Bedeutung, die der Klimaschutz inzwischen – wenn auch mühsam – erlangt hat. Der internationale Tag der biologischen Vielfalt der Vereinten Nationen (UN) ist eine jährlich wiederkehrende Gelegenheit, die Aufmerksamkeit weltweit zu erhöhen.

Seit 1993 richtet die UN diesen Tag aus, 2023 steht er unter dem Motto "From Agreement to Action: Build Back Biodiversity" und ist dem Wiederaufbau der biologischen Vielfalt gewidmet.

Denn mit der Annahme des Kunming-Montreal-Abkommens zur globalen Biodiversität beim 15. Welt-Biodiversitätsgipfel 2022 ist die Hoffnung gestiegen, tatsächlich 30 Prozent der Land- und Meeresfläche der Erde unter Schutz zu stellen, um den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten. Jetzt müsse der Fokus schnell auf die Umsetzung wechseln, fordert die UNEP, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen.

Kunming-Montreal-Abkommen als große Chance

23 Ziele hatte das Kunming-Montreal-Abkommen bis 2030 gesetzt, das auch als Paris des Artenschutzes gilt, um das sechste große Massenaussterben aufzuhalten. Zwar gab es diese Aussterbewellen in der Erdgeschichte schon immer, allerdings sterben derzeit bis zu tausendmal mehr Arten aus, als "normal" wäre. Und es ist das erste, das durch einzige Art verursacht ist.

Immerhin gibt es nun mit dem Abkommen zum Schutz eines knappen Drittels der Land- und Meeresfläche der Erde immerhin ein gemeinsames Programm. Das hat seine Lücken und schließt auch industrielle Nutzung in Schutzgebieten nicht aus, will aber Pestizide reduzieren und indigene Nutzung schützen.

Die UN weist anlässlich dieses Tages nun darauf hin, dass alle Regierungen dazu ihre nationalen Ziele setzen und die entsprechenden Gesetze, Strategien und Programme einrichten müssen. Unternehmen müssen ihre Auswirkungen auf die Biodiversität erfassen und entsprechend reagieren.

Zudem müssten die Erfolge des Biodiversitätserhalts durch indigene Bevölkerungen und lokale Gemeinschaften anerkannt und unterstützt werden. Und der Appell der UN richtet sich auch an die Verbraucher*innen und die Gestaltung von Infrastrukturen: "Wir müssen alle Abfall redzieren und zu einem nachhaltigen Konsum wechseln."

Für all das brauche es eine entsprechende Finanzierung, Subventionen müssten reformiert und Finanzströme mit den Zielen des Abkommens in Einklang gebracht werden.

Säulen der Zivilisation erhalten

Schließlich seien die Ressourcen der biologischen Vielfalt die Säulen, auf denen wir unsere Zivilisationen aufbauen, so die UNEP: Fisch liefert 20 Prozent der tierischen Proteine für drei Milliarden Menschen, über 80 Prozent der menschlichen Ernährung stellen Pflanzen, rund 80 Prozent der Landbevölkerung in sich entwickelnden Ländern ist auf traditionelle pflanzenbasierte Medizin für die medizinische Grundversorgung angewiesen.

Der Verlust der biologischen Vielfalt bedrohe jedoch alle, auch die Gesundheit aller. Weniger Vielfalt bedeutet mehr und stärkere Zoonosen wie z. B. Covid-19, Erhalt und Stärkung der Biodiversität dagegen mehr Möglichkeiten, derartige Pandemien zu bekämpfen.

Weil 50 Prozent der Weltwirtschaftsleistung auf intakter Natur beruhen, hat auch das Weltwirtschaftsforum in Davos in seinem Risikobericht den Verlust der Biodiversität als den drittwichtigstes Risiko erkannt. Inzwischen untersuchen offenbar auch mehr Investor*innen ihre Anlagen auf entsprechende Risiken, sie machen aber laut einem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pwc nur einen Bruchteil des gesamten Sektors aus.

Damit Unternehmen und Finanzinstitutionen ihre Biodiversitätswirkungen erfassen und verringern können, hat der WWF ein Onlinetool, den Biodiversitätsrisikofilter entwickelt. Notwendigen sind lediglich Angaben zur Branche, den Standorten der Betriebsstätten oder Lieferanten.

Biodiversität bei allen Entscheidungen berücksichtigen

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger fordert anlässlich des Tages die Politik zu mehr Engagement auf. "Unsere Natur braucht mehr Raum und ein viel stärkeres Gewicht in allen politischen Entscheidungen. Wer eine Chance im Kampf gegen die Natur- und Klimakrise haben will, muss sich für größere und artenreiche Schutzgebiete und die Wiederherstellung unserer Ökosysteme stark machen!"

Insbesondere bei Qualität, Quantität und der Vernetzung von Schutzgebieten hinke Deutschland hinterher. Doch der bessere Schutz von Lebensräumen allein reiche nicht aus. Ökosysteme müssten aktiv wiederhergestellt werden, fordert Jennifer Krämer, NABU-Referentin für Schutzgebiete und Naturschutzpolitik: "Das derzeit verhandelte EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur ist die große Chance unserer Generation."

Bei den aktuellen Verhandlungen im Europäischen Parlament und Rat müssten die deutschen EU-Abgeordneten und die Bundesregierung eine Vorreiterrolle einnehmen und sich gegen jegliche Abschwächungsversuche wehren.

Denn von den 30 Prozent Land- und Meeresflächen, zu deren Schutz sich Deutschland im Weltnaturabkommen von Montreal verpflichtet hat und die auch laut EU-Biodiversitätsstrategie geschützt werden sollen, hat das Umweltministerium bislang nur 17 Prozent an die EU-Kommission gemeldet – darunter Naturschutz- und Natura2000-Gebiete, Nationalparke und Biosphärenreservate.

Viele dieser Gebiete sind laut NABU in keinem guten Zustand – auch weil Erhaltungs- und Entwicklungsziele nicht umgesetzt oder erst gar keine Ziele festgelegt werden. Nicht zuletzt mangele es an der notwendigen Finanzierung.

Nicht nur schützen, sondern auch wiederherstellen

Und bei der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur geht es darum, ein weiteres Ziel des Neben Schutzgebietszielen legt das Weltnaturabkommen von Kunming-Montreal umzusetzen: Bis 2030 sollen die Länder 30 Prozent der geschädigten Ökosystem wiederherstellen. In der EU soll ein für alle Mitgliedsstaaten verbindliches Gesetz (EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur) dafür sorgen, dass dieses Ziel erreicht wird.

Weil die Ziele zur Renaturierung auf internationaler Ebene in der Vergangenheit nicht erreicht wurden – auch weil sie unklar definiert wurden, enthält der Vorschlag der EU-Kommission spezifischere und messbarere Ziele.

Werde die Verordnung ambitioniert umgesetzt, könnten auch weitere Ziele erreicht werden – etwa zum Klimaschutz, zum Schutz von Bestäubern, zur Anpassung an Klimafolgen oder zur Ernährungssicherung, so der NABU.

Einheitliche Ziele würden zudem gleiche Handelsbedingungen auf dem EU-Binnenmarkt schaffen. Die Wahl der politischen Instrumente und Maßnahmen zur Umsetzung der Verordnung bleiben dagegen den Mitgliedsstaaten überlassen.

 

Weniger Ausbau, mehr Mosaik

Das Mitdenken der Biodiversität bei allen politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen ist also eine der wichtigsten Bedingungen für den Erhalt der Biodiversität. Das gilt auch für Projekte wie den geplanten Bau von LNG-Terminals auf Rügen, die Verkürzung von Artenschutzlisten für den Windkraftanlagenbau, den Autobahnaus- oder Siedlungsausbau.

Wichtiger Faktor für den Erhalt der Biodiversität und die Gewinnung von neuen Flächen zur Energiegewinnung sei auch die Reduktion der Fleischproduktion, wie Prof. Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut ausführt. Mit dem Mosaik-Ansatz ließen sich zudem Korridore und abgestufte Schutz- und Nutzungsgebiete zusammenführen.


Mehr zur Bedeutung und Umsetzung der Biodiversität und des Ressourcenschutzes in den factory-Magazinen Vielfalt und Ressourcen.

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