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Wasser als Menschenrecht und Waffe: Landwirtschaft und Ernährungsweise sind die Schlüssel zum Wandel

Wasser ist der häufigste Naturstoff der Erdoberfläche. Doch nur 2,5 Prozent davon ist Süßwasser, der nutzbare Anteil beträgt nur ein Prozent. Und das ist bedroht: durch Verschmutzung, Klimawandel und Verschwendung.

Wasser ist ein Menschenrecht. Das war es eigentlich schon immer, denn es ist eine natürliche Ressource, ein Gemeingut, dass Menschen sich teilen müssen. Seit 2010 haben es auch die Vereinten Nationen dazu erklärt, zumindest das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser. Eingebracht hatte die Resolution dazu das von einer Wasserprivatisierungs- und Rekommunalisierungswelle geplagte Bolivien, zusammen mit 33 anderen Staaten. Aber wie bei allen Ressourcen ist sauberes Wasser ungleich verteilt und wird als Machtinstrument missbraucht. Wie kostbar und bedroht diese Ressource durch Klimawandel, Verschmutzung und Landwirtschaft ist, wird im Alltag selten wahrgenommen – zumindest in dem der westlichen Welt und in der nördlichen Hemisphere. Umso wichtiger sind Tage wie der Weltwassertag, den die UN schon 1993 ausgerufen hat, um auf den Wert des Wassers zu erinnern. Mittlerweile berichten zum Weltwassertag am 22. März fast sämtliche Medien, hunderte von Verbänden und Organisationen machen auf Phänomene rund ums Wasser aufmerksam. Bei Twitter war #WorldWaterDay heute das Trendthema, bis der neue Terroranschlag in Brüssel es ablöste. Dabei lassen sich selbst diese beiden Stränge zusammenbringen.

Krieg ums Wasser

So ist Wasserknappheit sicher nicht die Ursache für Terror – eher ist es wie die Klimaveränderung ein weiterer Stressfaktor für Gesellschaften unter Druck. Bedrohlich ist, dass Wasser wieder als Waffe eingesetzt wird: Die Terrormiliz Islamischer Staat besetzte zum Beispiel Talsperren im Irak, um damit Städte von der Stromversorgung abzuschneiden oder sie und Agraflächen mit Überflutung zu bedrohen. Selbst in Europa drohen Anschläge aufs Wasser, durch Verunreinigung oder Vergiftung. Im nahen Osten wurde an mehreren Orten Trinkwasser vergiftet, der IS hält seine Anhänger dazu an, diesen Beispielen zu folgen. 2015 konnte in Pristina im Kosovo ein Anschlag auf die Wasserversorgung nur knapp verhindert werden. Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik warnte, dass im syrischen Bürgerkrieg alle Parteien Wasser und Strom strategisch einsetzen. Unicef registrierte in Aleppo im letzten Jahr allein 18 mal kritische Unterbrechungen der Wasserversorgung. Teilweise gab es in den Gemeinden bis zu 17 Tage in Folge kein Wasser.

Der Wissenschaftler Tobias von Lossow berichtet in seiner Arbeit aber auch über Zielkonflikte des IS: Denn die Organisation will einen funktionierenden Staat und baut deswegen auch Wasserversorgungssysteme gezielt  auf. Erst wenn sie militärisch bedroht wird, könnte sie deswegen Wasser auch wieder als ultimative Waffe eingesetzen, vermutet er.

Zu wenig und weniger Wasser

Wasserknappheit und -verschmutzung ist aber auch schon jetzt eine ständige Gefahr für viele Menschen. Immerhin leben 85 Prozent von ihnen in der trockenen Hälfte der Erde, fast so viele haben keinen Zugang zu angemessenen sanitären Anlagen. Jedes Jahr sterben deswegen sechs bis acht Millionen Menschen an Krankheiten und Ereignissen, die mit Wasser zusammenhängen. Jeder siebte Mensch weltweit hat immer noch keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser – dabei ist das erklärtes Menschenrecht. Die sich häufenden und heftiger werdenden Wetterphänomene El Niño und La Niña vergrößern die Dürre- und Überflutungskatastrophen auf allen Seiten des globalen Südens.

Farhana Haque Rahman, Leiterin des Inter Press Service, weist anlässlich des Weltwassertags darauf hin, dass besonders Frauen und Kinder darunter leiden, wenn das Wasser knapp und die Armut groß ist, denn sie sind es, die traditionell für die Wasserversorgung zuständig sind. So müssen sie im Schnitt in Afrika und Asien rund fünf Kilometer laufen, um Wasser zu sammeln. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Eritrea, wandern die Frauen und Kinder auf dem Land täglich rund 6 Stunden, um Wasser aus sauberen Quellen zu holen.

Hoher Verbrauch macht abhängig

Und während auf der einen Seite immer mehr Quellen versiegen, wird der Durst nach Wasser auf der anderen immer größer. So verbraucht die globale Landwirtschaft rund 70 Prozent des so genannten "blauen", frischen Wassers. In schnell wachsenden Ökonomien sind es sogar 90 Prozent. Meist teilen sich Staaten sogar die immer weniger Wasser führenden Flüsse und Quellen, wie im mittleren Osten, in Syrien, im Irak, im Jemen werden Wasserversorgungseinrichtungen dann zum militärischen Ziel. Zwischen der Ukraine und Russland, zwischen Iran und Afghanistan und in Kolumbien, Somalia und Mexiko kam es zu ernsthaften Konflikten wegen der Wasserversorgung. Und in den Flüchtlingsgebieten wie Jordanien, einem der trockensten Länder der Erde, leben fast 600.000 Syrer in Camps, Konflikte zwischen Menschen ums Wasser, sind vorprogrammiert.

Aber auch in den westlichen und nördlichen Ländern, wo sauberes Wasser allgegenwärtig zu sein scheint und für einen bestimmten Preis in guter Qualität reichlich aus den Wasserhähnen zu strömen scheint, nehmen die Probleme zu. Die intensive Landwirtschaft verschlechtert durch Pestizid- und Düngeeinsatz zunehmend die Wasservorräte, die Flüsse führen weniger Wasser für die Versorgung der fossilen Kraftwerke - oder sie führen zuviel Wasser. Wasserprivatisierungsprojekte sind immer wieder eine Bedrohung für die Wasserversorgung, neue Staudammprojekte verschlingen mehr Naturressourcen als dass sie vermeintlich an klimaschädlichem CO2 einsparen – und sind dazu noch anfällig für Anschläge.

Politisch, praktische Lösungen

Dabei ist auch die fleischintensive Ernährungsweise der westlichen Welt ein Hauptgrund für den weltweiten Wasserverbrauch. Es sind nicht so sehr die 120 Liter, die jeder Mensch in Deutschland jeden Tag verbraucht, es ist eher der hohe Verbrauch an virtuellem Wasser, das in den Produkten steckt. "So sind es laut UN Berichten zirka 2.000 Liter Wasser bis wir ein Rindersteak essen können oder 20 Liter Wasser für 100 Gramm Gemüse. Daran sieht man schon, dass die Landwirtschaft mit das meiste Wasser verbraucht - so zirka 70 Prozent, die Industrie zirka 20 und dann den Rest die Privathaushalte", erklärt Heiko Seeger vom Kinderhilfswerk nph deutschland. Das gleiche Phänomen zeigt sich auch bei elektronischen Produkten. Die Macher des Fairphones rechneten aus, dass bei Nutzung des Smartphones über vier statt wie üblich nur zwei Jahre, jeden Tag acht Liter Wasser gespart werden. Immerhin etwas, bei durchschnittlich 5280 Litern Wasser, die eine Person in Deutschland jeden Tag verbraucht – durch Nutzung von Produkten und Dienstleistungen.

Der hohe virtuelle Verbrauch, der Klimawandel und die wachsende Weltbevölkerung werden dafür sorgen, dass Ende des Jahrhunderts knapp zwei Milliarden Menschen unter Wassermangel leiden, so aktuelle Prognosen. Schon heute haben etwa 750 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser - vor allem in den südlichen Entwicklungsländern. Mit Wasserschutz durch Veränderung von Ernährungsgewohnheiten, durch wohlstandspolitische und partizipative Lösungen für Wasserkonflikte, durch Verbot von Wasserprivatisierungen ließen sich also wesentliche Flüchtlingsursachen bekämpfen.

Weil die intensive Landwirtschaft der größte Wasserverbraucher ist, ist die extensive biologische Landwirtschaft der beste Wasserschutz, plädiert der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) anlässlich des Wassertages. Da Bio-Bauern keinen leicht löslichen Stickstoffdünger verwenden und weniger Tiere pro Flächen halten, sickern aus Bio-Böden keine schädlichen Mengen an Nährstoffen ins Grund- und Oberflächenwasser. Und weil Bio-Bauern ihre Pflanzen ökologisch schützen und kein Glyphosat und Co. einsetzen, gelangen von Bio-Höfen keine chemisch-synthetischen Pestizide ins Wasser. „Bundesweit kooperieren Bio-Bauern mit Wasserwerken, die lieber in eine grundwasserschonende Landwirtschaft investieren, als viel Geld für Wasseraufbereitung auszugeben“, sagt der BÖLW-Vorsitzende Felix Prinz zu Löwenstein. Politisch könnten die Weichen für den Wandel zum Beispiel durch eine Überarbeitung der Düngeverordnung gestellt werden. "Wasser muss nachhaltig genutzt werden. Mehr Schäden am knappen Gut Wasser können wir uns nicht leisten."

Mehr zum Thema Wasser und wie es geschützt wird, z. B. durch Bio-Landwirtschaft, durch Welthandel, vor Privatisierung oder durch betriebliche Maßnahmen, lesen Sie im factory-Magazin Baden gehen zum freien Download. Darin auch die prachtvolle Fotostory über die schönsten historischen Bäder, der das Bild von Rainer Lauschke für diese Meldung entnommen ist.

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