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Vielfalt ist wirklich produktiver

Biologische Vielfalt ist nicht einfach nur ein Begriff, mit dem Naturschützer nerven, wenn es um Klimawandel, industrielle Landwirtschaft, Straßenbau und Flächenversiegelung geht. Sie ist ein Garant für hohe Produktivität und Widerstandskraft der Natur. Eine neue Studie beweist, was bisher nur theoretisch galt. Bodenbildung, Sauerstoffproduktion und Wasserreinigung sind abhängig vom Artenreichtum – und damit auch der Mensch.

Weltweit verbrauchen die Menschen 60 Prozent mehr Natur als nachwächst. Neben einer Reduzierung des Ressourcenverbrauchs ist es besonders wichtig, dass die Leistungsfähigkeit der Natur nicht nachlässt und sie ihre Produktivität behält. So sind die Warnungen vor einem Verlust der biologischen Vielfalt zu verstehen. Denn artenreiche Ökosysteme sind wesentlich gesünder und produktiver als artenarme. Während das bisher nur als theoretisch nachgewiesen galt, hat nun eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern weltweite Grasland-Ökosysteme analysiert und den Beweis dafür geliefert.

Dass Biodiversität entscheidend für die Stabilität der natürlichen Ökosysteme ist – und damit für Ökosystemleistungen, wie Sauerstoffproduktion, Bodenbildung oder Wasserreinigung, darauf verweisen Ökologen schon seit langem. Naturschutzbehörden auf der ganzen Welt arbeiten auf Basis dieser Hypothese und versuchen die Artenvielfalt zu sichern. Bisher war diese Annahme aber nur theoretisch erwiesen. Den praktischen Beweis, anhand von Daten aus der realen Welt, blieben die Wissenschaftler über ein halbes Jahrhundert schuldig.

Den liefert nun eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg (MLU). Sie wurde in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht. Es ist die bislang umfassendste Studie, die diesen Effekt in natürlichen Ökosystemen zeigt.

Das Forscherteam verwendete dazu Daten aus dem globalen Nährstoff-Netzwerk Nutrient Network (NutNet) von fünf Kontinenten. Darin sind natürliche Wiesen- und Weiden-Ökosysteme an mehr als 70 Standorten weltweit erfasst. Für die Studie wertete das Team Daten von 1126 Flächen auf 39 Wiesen und Weiden aus. Durch neue Möglichkeiten der Analyse war die Gruppe in der Lage, die Biodiversitätseffekte von anderen Effekten trennen zu können – auch von Prozessen, die die Biodiversität reduzieren. "Diese Studie zeigt, dass es keine nachhaltigen, produktiven Ökosysteme gibt, ohne dass die biologische Vielfalt in der Landschaft erhalten wird", sagt Studienleiter Prof. Dr. James Grace vom Geologischen Dienst der USA (USGS).

Ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit ist, dass sich eine größere Pflanzenvielfalt positiv auf die Biomasseproduktion auswirkt. Diesen Effekt auch in natürlichen, unveränderten Ökosystemen nachzuweisen, war jedoch bis jetzt eine Herausforderung.

Die Forscher fanden auch starke und unabhängige Einflüsse des Weltklimas und der Böden auf den Artenreichtum und die Produktivität. Reduziert der Klimawandel die Zahl an Arten oder die genetische Vielfalt, könnte dies dazu beitragen, dass die Ökosysteme zusätzliche Belastungen künftig schlechter verkraften als bisher. Die Forderungen nach einem Erhalt der biologischen Vielfalt sind also mehr als berechtigt, sie sind überlebensnotwendig. Wie sich Biodiversität und produktive Landwirtschaft verbinden lassen, zeigen die Ergebnisse aus der ökologischen Landwirtschaft, wo auf mineralische Dünger und Pestizide verzichtet wird und mit Grün- und Randstreifen, kleineren Feldgrößen und häufigeren Fruchtwechseln gearbeitet wird.

Quelle: IDW-Online.de

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