Mit heftigen Niederschlägen und Überschwemmungen verabschiedet sich das Wetterjahr 2023 in Deutschland. Es war das wärmste seit Messbeginn 1881, teilt der Deutsche Wetterdienst mit. Überraschend ist das nicht: Schon vor über zehn Jahren war der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Extremwettern sichtbar, der Weltklimarat warnte vor dramatischen Effekten.
Inzwischen ist der Klimawandel durch seine massiven Folgen und Schäden auch in Deutschland für eine breitere Öffentlichkeit offensichtlich. Und Extremwetterereignisse wie Hochwasser und Hitzesommer der letzten Jahre werden für die Gesellschaft immer teurer, pro Jahr kosten sie seit dem Jahr 2000 rund 6,6 Milliarden Euro, aber allein von 2018 bis 2022 lagen die Schadenskosten bei insgesamt 80 Milliarden Euro.
In diesem Jahr beziffert die Versicherungswirtschaft sie bislang auf 4,9 Milliarden Euro – die Schäden durch die Überflutungen im Dezember 2023 dürften noch dazu kommen.
In den nächsten Jahren könnten sie jedoch bis Mitte des Jahrhunderts auf bis zu 910 Milliarden Euro steigen – das wären im Durchschnitt 33 Milliarden Euro pro Jahr. Durch Klimaanpassung ließen sie sich auf 13 Milliarden jährlich reduzieren, entsprechende öffentliche und private Investitionen vorausgesetzt.
Eine außerordentliche Kreditfinanzierung sei unvermeidbar, sagt der Politik-Ökonom Rudolf Hickel in der taz. Aber weil die so genannte Schuldenbremse sich wohl politisch in den nächsten Jahren nicht lösen lasse, dürfte die Einrichtung eines Klimafonds mit 500 Milliarden Euro für die kommenden 10 Jahre – vergleichbar dem Sondervermögen Bundeswehr –, die größeren Chancen haben, meint Hickel.
Zu wenig Verbindung zur Verantwortung
Doch die Verbindung zwischen Erderhitzung und steigenden Schadenskosten durch häufigere und extremere Wetterereignisse wird auch in den Medien offenbar zu wenig gezogen, die Verantwortung für einen entsprechenden Change zu einer klima- und umweltfreundlichen Gesellschaftsordnung zu wenig thematisiert.
Und so scheiterte 2023 in Deutschland nicht nur die gut gemeinte Wärmewende – es bleibt bei der Dominanz der fossilen Wärmeerzeugung –, sondern auch der notwendige Ressourcenschutz durch den Nicht-Ausbau von Autobahnen und LNG-Terminals.
Dass der Klimawandel die Gemeinschaftsaufgabe schlechthin ist, macht der DWD mit seiner Bilanz 2023 klar. "2023 war weltweit ein neues Rekordjahr der Temperatur. Der Klimawandel geht ungebremst weiter. Wir müssen intensiv in Klimaschutz einsteigen und uns an Schäden durch Wetterextreme anpassen", so Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Im Gegensatz zu den früheren warmen Jahren, die oft von Trockenheit und Hitzewellen geprägt waren, dominierten 2023 in Deutschland eher feucht-warme Bedingungen mit hohen Niederschlagsmengen, was das letzte Jahr zum Sechstnassesten werden lassen könnte, so der DWD.
Leicht positiv war auch die Sonnenscheinbilanz 2023, wie der DWD nach ersten Auswertungen der Ergebnisse seiner rund 2 000 Messstationen meldete. Auch global wird 2023 nach Angaben des EU Klimadienstes Copernicus das bisher wärmste Jahr.
Die entsprechenden Auswirkungen waren mit extremer Hitze, extremem Regen und extremen Stürmen weltweit zu spüren. "Allein in Mitteleuropa und dem Mittelmeerraum waren Millionen Menschen betroffen: Im Juli gab es fast 50 Grad auf Sardinien, im August die verheerenden Waldbrände in Griechenland. Im September erschütterte eine schreckliche Starkregen-Katastrophe in Libyen mit Tausenden Toten die Welt", fasst die taz zusammen. Eine größere Aufstellung der Extremwetterereignisse gibt es auf den Seiten von Global Citizen.
Durchweg zu warm mit neuem Temperaturrekord im September
In Deutschland erreichte das Temperaturmittel im Jahr 2023 erstmals 10,6 Grad Celsius (°C) und lag damit um 2,4 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990 (8,2 °C).
Im Vergleich zur aktuellen und wärmeren Vergleichsperiode 1991 bis 2020 (9,3 °C) betrug das Plus 1,3 Grad. Ein rekordmilder Jahresbeginn und der anschließende Winterausfall ließen erahnen, was für ein warmes Jahr bevorstehen würde.
Im Sommer erreichten nach dem fünftwärmsten Juni in der ersten Julihälfte die Höchsttemperaturen dann ihre Spitzenwerte: das mittelfränkische Möhrendorf-Kleinseebach manifestierte am 15.7. mit stolzen 38,8 °C den bundesweiten Höchstwert 2023.
Der September wurde dank Sommernachschlag folglich zum wärmsten September seit Beginn systematischer Wetteraufzeichnungen in Deutschland im Jahr 1881.
Die spätesten heißen Tage (≥ 30 °C) seit Messbeginn folgten dann im Oktober im Oberrheingraben an. Anfang Dezember gab es strenge Fröste. Am 3.12. erreichte Gottfrieding in Niederbayern mit -18,9 °C den Tiefpunkt des Jahres.
Mit über 20 Prozent mehr Niederschlag sechstnassestes Jahr
Im Jahr fielen mit rund 958 Litern pro Quadratmeter (l/m²) über 20 Prozent mehr Niederschlag als in der Referenzperiode 1961 bis 1990 (789 l/m²).
Im Vergleich zu 1991 bis 2020 erreichte die Menge ebenfalls ein Plus von rund 20 Prozent des Solls (791 l/m²). Einen Niederschlagsüberschuss gab es bis auf Februar, Mai, Juni und September in allen anderen Monaten des Jahres.
Der November erwies sich sogar als Zweitnassester seit 1881. Entlang der Alpen, im Schwarzwald und sogar im Bergischen Land fielen mehr als 2 000 l/m².
Hingegen blieb der Nordosten der Republik mit weit verbreiteten Mengen um 600 l/m² vergleichsweise „trocken“. Bad Berneck im Fichtelgebirge verkündete während eines Unwetters am 22.6. mit 120,7 l/m² den höchsten Tagesniederschlag. Mit größeren Hochwassern, v. a. in Teilen des Nordens, endete 2023.
Mit rund 1 764 Stunden überragte die Sonnenscheindauer im Jahr ihr Soll von 1 544 Stunden (Periode 1961 bis 1990) um fast 15 Prozent. Im Vergleich zu 1991 bis 2020 (1665 Stunden) betrug die positive Abweichung rund 5 Prozent. Küstennah und im Süden war es mit gebietsweise über 2 000 Stunden am sonnigsten. Trüber blieb es vergleichsweise in den Mittelgebirgen mit um 1 600 Stunden.
Die Wetter des Wandels
Dass Hitzewellen, Dürre, trockene Böden und höhere Niederschläge mit der Erderwärmung zusammenhängen, hatte die Klimaforschung schon vor mehr als zehn Jahren vorausgesagt. Die extremeren und stärkeren Niederschläge wie 2021 und nun Ende 2023 können entstehen, weil "eine wärmere Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann, welcher dann bei einem Niederschlagsereignis als Regen fällt", sagte Dr. Jakob Zscheischler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. “In der Zukunft werden solche Starkniederschläge also noch extremer werden, solange wir weiterhin CO2 ausstoßen.”
Und dass nun Deutschland regelmäßig Hitzewellen erlebt, insgesamt wärmer wird und Wasser trotz extremer Niederschläge verliert, zeigt auch der neue Monitoringbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) der Bundesregierung, den Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Umweltbundesamts-Präsident Dirk Messner im November 2023 in Berlin vorstellten.
Demnach gehört Deutschland zu den Regionen mit dem höchsten Wasserverlust weltweit. Die Wirkungen der Dürrejahre seit 2018 sind auch 2023 noch nicht ausgeglichen. Wegen der klimabedingten andauernden Trockenheit und des damit verbundenen Schädlingsbefalls habe sich der Zustand der Wälder deutlich verschlechtert, heißt es im Bericht.
In der Landwirtschaft führte die Wasserknappheit zu spürbaren Ernteeinbußen. Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass beim Hitzeschutz erste Maßnahmen zur Anpassung an die neuen Klimabedingungen Wirkung zeigen. Insgesamt müssten die Bemühungen zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise jedoch intensiviert werden sind sich UBA und BMU einig. Mit gezogener öffentlicher Investitionsbremse dürfte das schwierig werden.
Dass entsprechendes Steuern durch politisches Design zu einem erfolgreichen Change mit dem notwendigen Schutz von Ressourcen führen könnte, lässt sich in den jeweiligen factory-Magazinen und Themenbereichen nachlesen.