Der Earth Overshoot Day oder Erdüberlastungstag ist der Tag im Jahr, an dem der Natur- und Umweltverbrauch der Menschheit die Kapazität des Planeten übersteigt, die Natur während des gesamten Jahres wieder zu regnerieren.
Berechnet wird das jährliche Datum vom Global Footprint Network (GFN) auf der Grundlage der National Footprint and Biocapacity Accounts der Universität York.
Das Datum markiert einen Trend: Die Erdüberlastung ist umso stärker und langfristiger, je weiter der Tag im Kalender nach vorn wandert. Vor 30 Jahren lag der Overshoot Day noch im Oktober. Im Jahr 2024 war er am ersten August.
2025 ist der Overshoot Day sogar acht Tage früher als noch vor einem Jahr – denn die zugrundeliegenden Daten ändern sich: So hat die Kohlenstoffbindungskapazität der Ozeane abgenommen, der ökologische Fußabdruck pro Kopf stieg, die Pro-Kopf-Biokapazität, also die jeweils verfügbare Fläche zur Ressourcenbereitstellung, sank dagegen.
Es ist also nicht allein der steigende Ressourcenverbrauch der Menschen, ihr höherer Materialverbrauch und die weitere Steigerung von Treibhausgasemissionen, es ist auch die offenbar schneller abnehmende Aufnahmefähigkeit, die geringere Kapazität der Biosphäre zur Regeneration, die abnehmende Widerstandsfähigkeit – bedingt durch Klimawandel und Umweltbelastungen.
Die Überschreitung von sechs von neuen planetaren Grenzen hat auch hier ihre Folgen.
"Sieben dieser acht Tage sind auf die Datenrevisionen zurückzuführen", heißt es in einer Pressemitteilung des GFN dazu.
Die Überlastung wächst, die Widerstandsfähigkeit schrumpft
Während also in den letzten zehn Jahren der Earth Overshoot Day fast konstant in die Zeit zwischen Ende Juli und August fiel, vergehen jetzt offenbar weniger als sieben Monate – und für den Rest des Jahres lebt die Menschheit von der Ausbeutung des natürlichen Kapitals und der weiteren Erosion der Biosphäre, beschreibt es das GFN.
Doch auch wenn das Datum unverändert bliebe, nähme der Druck auf den Planeten weiter zu, denn die Schäden des Overshoot, der Überlastung, häuften sich mit der Zeit an.
Seit dem Beginn des globalen ökologischen Overshoot in den frühen 1970er Jahren hätten sich die jährlichen Defizite zu einer wachsenden "ökologischen Schuld" angehäuft. Diese Schulden beliefen sich inzwischen auf das Äquivalent von 22 Jahren der vollen biologischen Produktivität der Erde.
Mit anderen Worten: Wäre der ökologische Overshoot vollständig reversibel, bräuchte es 22 Jahre der vollen Regenerationsfähigkeit des Planeten, um das verlorene Gleichgewicht wiederherzustellen. Dass die gesamte ökologische Schuld umkehrbar ist, sei allerdings unwahrscheinlich, stellt das GFN fest.
Schulden steigen und wirken schuldensteigernd
Halte die Überschreitung auf dem derzeitigen Niveau an, würde diese Schuld jedes Jahr um etwa 0,8 Planetenjahre wachsen. Eine messbare Folge dieser kumulativen Überschreitung sei der Anstieg der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre: Seit Beginn der globalen Überschreitung sind die Konzentrationen um 100 Teile pro Million (ppm) gestiegen. Im Jahr 1970 lag der CO₂-Gehalt 47 ppm über dem vorindustriellen Niveau; heute liegt er 147 ppm darüber.
Dr. Lewis Akenji, Vorstandsmitglied des GFN, fordert angesichts der ökologischen Schuldenlast von bereits 22 Jahren mehr Investitionen in Anpassung und Abschwächung. "Diese sollten alle bisherigen in den Schatten stellen, um unserer gemeinsamen Zukunft willen – wenn wir diesen Planeten noch unser Zuhause nennen wollen".
Es läge in der Natur der Physik, dass ein Overshoot nicht von Dauer sein kann, sagt Dr. Mathis Wackernagel, ebenfalls Vorstandsmitglied des GFN. "Er wird entweder durch absichtliches Design oder durch eine überflüssige Katastrophe enden. Es sollte nicht allzu schwer sein, sich zu entscheiden, was vorzuziehen ist, vor allem angesichts der vielen möglichen Optionen."
Die Macht der Möglichkeiten
Denn schließlich liegen die Lösungen dazu nicht erst seit gestern vor: Das GFN hat z. B. die Power of Possibility, die Macht der Möglichkeiten, auf einer eigenen Website zu "MoveTheDate" zusammengestellt. Viele der Politikveränderungen sind nicht nur finanziell vorteilhaft, viele sind als eher organisatorischen Ansätze sind auch wesentlich günstiger und haben größere Wirkung als teure technische Lösungen.
Würden beispielsweise die CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen um 50 Prozent gesenkt – wie es der Weltklimarat schon seit Jahren fordert und entsprechende Maßnahmen und ihre Wirkungen untersucht hat – dann würde sich der Earth Overshoot Day um drei Monate nach hinten schieben lassen.
Inzwischen nutzen auch Unternehmen den #MoveTheDate-Ansatz für Strategie und Kommunikation, wie das deutsche Recyclingunternehmen Interzero. "Solche Unternehmen sind möglicherweise am besten positioniert, um in einer Zukunft des Klimawandels und der Ressourcenknappheit an Wert zu gewinnen", wirbt das GFN für den Ansatz.
Interzero hat bereits zum zweiten Mal seine Bilanz zu #MoveTheDate verkündet: Ohne Interzero würde 2025 der Earth Overshoot Day 10 Minuten und 28 Sekunden früher stattfinden. Im letzten Jahr waren es 7 Minuten und 12 Sekunden.
CO2-Bepreisung mit großer Wirkung
Deutschlands Erdüberlastungstag 2025 war bereits am 2. Mai. Drei Erden würden die Menschen weltweit benötigen, würden sie so viele Ressourcen verbrauchen, wie in Deutschland. Seit Jahren stagniert der Ressourcenverbrauch auf hohem Niveau.
Eine Reduktion des Ressourcenverbrauchs steht zwar auf der politischen Agenda von EU und Deutschland – real stehen aber alle Zeichen auf z. B. Ausbau der Gasversorgung statt Einsparung von Energie und Materialien. Einzige momentane Chance: Eine Erhöhung des CO2-Preises, um fossile Energie zu verteuern. Doch die müssten finanzielle Ausgleichsmaßnahmen begleiten, denen sich auch die jetzige Bundesregierung 2025 offenbar nicht widmen will.
Der Ressourcenverbrauch durch den persönlichen Lebensstil lässt sich ebenfalls ändern, wenn man ihn kennt: Der Ressourcenrechner des Wuppertal Instituts ist eine guter und schneller Ansatz dazu.
- It's the Design, Stupid: Wirtschaft ist Design, Design ist Wirtschaft (und Politik). Mit den Mitteln des Transition Designs ließe sich der Ressourcenverbrauch deutlich senken.
- Wie schwer ist mein Rohstoff-Rucksack? Der ökologische Rucksack ist der schwerste, denn jeder Material- und Energieverbrauch füllt ihn – es sei denn, diese sind erneuerbar. Er lässt sich individuell ermitteln.
- Deutschland überlastet Erde: Am zweiten Mai 2025 hatte das Land die jährlich erneuerbare Kapazität des Planeten überschritten. Lösungsansätze zur Ressourcenschonung gibt es hierzulande reichlich.
- Modernisierung statt Rückschritt: Technisch und organisatorisch warten viele Lösungen zum Ressourcenverbrauch auf ihren Einsatz – aber es gibt gewisse Hindernisse. Die sind jedoch häufig einfach zu überwinden oder nur "vorgestellt". Mehr dazu im factory-Magazin "Hürden".
- Mittel zum Zweck: Die Circular Economy ließe sich wirklich wirksam dazu nutzen, die Erdüberlastung zu reduzieren – wenn die Randbedingungen der linearen Wirtschaft verändert würden. Wie, steht im factory-Magazin Kapital, warum, im Magazin Circular Economy.