Weltweit treibt der steigende Ressourcenverbrauch Artenverlust, Klimawandel und Umweltbelastung. Die Zahlen sind dramatisch: Geht es so weiter wie bisher, wird sich der Verbrauch von Rohstoffen bis 2060 noch einmal verdoppeln, die damit verbundenen Treibhausgasemissionen würden allein dadurch um 43 Prozent steigen.
Trotz des Wachstums im Bereich der erneuerbaren Energien steigt der weltweite Ressourcenverbrauch und lässt die Emissionen auf hohem Niveau. Lediglich in den Jahren der Corona-Pandemie sank der Verbrauch – deutlicher Hinweis, dass Technologien den Verbrauch nicht reduzieren.
Und damit ist der Nichtverbrauch von natürlichen Ressourcen und Rohstoffen gleichzeitig der beste Klimaschutz – und mehr. Denn was nicht entnommen, verbrannt oder verbraucht wird, verursacht auch keine Schäden bei Atmosphäre, Mensch und Natur.
Es geht eben nicht ohne Reduktion: Weniger Entnahme und Verbrauch, stattdessen Kreislaufführung von gewonnenem Material wäre die Korrektur einer Wirtschaftsweise, die die Lebensgrundlagen durch Überforderung der planetaren Regenerationsfähigkeiten gefährdet. Deswegen ist die Erinnerung des Global Footprint Network an den Erdüberlastungstag – und jeweils denjeningen, berechnet für einzelne Länder wie Deutschland – immer wieder notwendig.
“Deutschland lebt auf Pump”!
Viele deutschsprachigen Medien weisen auch seit mehreren Jahren auf diesen bildhaften Tag hin: So berichtet der NDR 2025 über den "Umgang mit Ressourcen", der Deutschlandfunk thematisiert, dass Deutschland "ökologisch wieder auf Pump" lebt und Zeit Online, dass Deutschland "seine natürlichen Ressourcen für 2025 aufgebraucht" hat. Die Tagesschau ist dabei, der Tagesspiegel, T-Online und auch die Springer-"Welt": "Ressourcen aufgebraucht, Leben auf Pump".
Selten wird jedoch thematisiert, dass es Deutschland seit Jahren kaum schafft, diesen plakativen Tag weiter nach hinten im Kalender zu verschieben. Das wäre das Maß für einen geringeren Ressourcenverbrauch hierzulande. Im Gegenteil: der deutsche Erdüberlastungstag zieht sogar weiter nach vorn. Lediglich in den Corona-Krisenjahren 2021 bis 2023 lag er auf dem 5. und 4. Mai.
Im vergangenen Jahr, 2024, war der Stichtag rechnerisch dann wieder am 2. Mai, in diesem ist er immerhin einen Tag später: Im vermutlich dritten Rezessionsjahr der deutschen Wirtschaft mit Verlust bzw. Stagnation beim Bruttoinlandsprodukt.
Jeder spätere Tag ist ein Gewinn
"Movethedate", die Verschiebung des Earth Overshootday nach hinten, die Verringerung der "Schuldentage", ist deswegen auch eine Initiative des Global Footprint Network. Hier hat das Netzwerk Schlüsselinitiativen untersucht, wie der globale Erdüberlastungstag, der Ende Juli bis Anfang August erreicht ist, bis an das schuldenfreie Ende des Jahres getrieben werden kann.
Den größten Anteil mit 63 Tagen hätte dabei ein globales Carbon Pricing, eine Kohlenstoffsteuer bzw. ein CO2-Preis von 100 US-Dollar pro emittierter Tonne Kohlenstoffdioxid. Die reproduktive Gesundheit von Frauen- und Mädchen schiebt den Tag um 49 Positionen, würde jede zweite Familie ein Kind weniger bekommen und die Elternschaft um zwei Jahre verschoben.
Beides keine unmöglichen Anliegen, aber sie erfordern Gerechtigkeit, nämlich eine erhebliche Umverteilung von Kapital an arme und wenig vermögende private und öffentliche Haushalte. Wie schwer sich Regierungen damit tun, zeigen schon allein die deutschen.
Deren Noch-Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz verweist auf Ex-Twitter wiederum auf Maßnahmen wie Smart Cities (plus 29 Tage) und erneuerbare Energien (plus 26 Tage).
Welche Maßnahmen erreichen was?
Von der neuen CDU/CSU-geführten Regierung mit dem Koalitionspartner SPD ist dagegen eher weniger Ressourcenschutz und -verbrauch und dafür mehr Ungleichheit zu erwarten, schaut man sich den Koalitionsvertrag 2025 an.
Dort erscheint das Wort "Ressourcen" immerhin sechs Mal, "Rohstoff" knapp 13-mal, "Suffizienz", die Methode der Beschränkung auf das frugale Genug, dagegen gar nicht. Vage genug heißt es im Vertrag: "Unser Ziel ist, den Primärrohstoffverbrauch so weit wie möglich zu reduzieren, heimische und europäische Ressourcen besser zu nutzen, ..." oder "Wir werden die Kreislaufwirtschaftsstrategie pragmatisch umsetzen und eine Digitalisierungsinitiative zur Schlieflung von Stoffkreisläufen starten."
Konkrete Ressourcenziele, eine verpflichtende nachhaltige, öffentliche Beschaffung, ein Fokus auf Gebäude-Sanierung oder die Förderung zirkulärer Geschäftsmodelle fehlen. Von einem Ressourcenschutzgesetz, wie es der BUND anlässlich der Erdüberlastungstage immer wieder fordert, ist erst gar nicht die Rede.
Es geht um die Strukturen …
Dass eine Reduktion des massiven Ressourcenverbrauchs gelingen kann – ob gewollt oder ungewollt –, darauf verweist Prof. Manfred Fischedick, Präsident des Wuppertal Instituts, in seinem Statement zum deutschen Erdüberlastungstag. So sei der Erdgasverbrauch in Deutschland im Jahr 2022 über alle Sektoren hinweg um mehr als 15 Prozent zurückgegangen – eine Größenordnung, die im Vorfeld niemand für möglich gehalten habe.
Doch diese Einsparungen hätten sich eben nicht verstetigt, die Energieverbräuche sind längst wieder angestiegen. “Es ist daher entscheidend, dauerhafte strukturelle Veränderungen herbeizuführen, die nachhaltiges Verhalten fördern und erleichtern”, fordert Fischedick.
Schließlich seien die sozialen und ökologischen Herausforderungen eng miteinander verknüpft. Eine erfolgreiche Transformation erfordere daher integrative Ansätze. Sie sollten eine gerechte Lastenteilung beinhalten, die Schaffung fairer Arbeitsbedingungen, den Zugang zu Bildung für alle und die Förderung von Gemeinschaften, die resilient gegenüber externen Schocks sind.
Nachhaltigkeit müsse dafür zum Standard im Alltag aller werden und nachhaltiges Verhalten für alle möglich gemacht werden. "Denn: Jeder Tag, um den wir den Erdüberlastungstag nach hinten verschieben können, ist ein Gewinn für kommende Generationen", so Fischedick.
Wie hoch der Ressourcenverbrauch des eigenen Lebensstils ist, kann eine Grundlage für die Motivation und den Einsatz für Veränderung sein: Das Wuppertal Institut bieten einen eigenen Ressourcen-Rechner an, das Global Footprint Network einen ökologischen Footprint-Calculator.
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