Die Lust am Utopischen wecken
Ob wir wollen oder nicht: Wir – die Menschen weltweit – stehen vor gewaltigen Veränderungen. Dabei lässt sich unsere Zukunft gestalten, wir müssen sie uns nicht aufbürden lassen. Die Große Transformation in diesem Jahrhundert enthält viele Herausforderungen: für die Energieversorgung, die Bewältigung der Klimafolgen, Landwirtschaft, Urbanisierung, Gesundheit, Migration, Bildung. Die Liste scheint unendlich, doch für all das gibt es nachhaltige, gerechte Lösungen. Sie liegen zum Teil schon vor oder sie lassen sich gemeinsam entwickeln, ob es um treibhausgasneutrale Städte und Länder geht, urbane oder globale Mobilität oder um ressourcenleichtes Leben. Was wir für die Realisierung jedoch brauchen, ist eine neue Lust am utopischen Denken, an der Entwicklung eines Möglichkeitssinns, eine Abkehr vom angeblich alternativlosen Immerweiterso. Wir brauchen Bilder lebenswerter Zukünfte, in die sich Menschen hineinversetzen können, die ihnen die Ängste vor dem Unbekannten nehmen, ihnen Mut auf eine ungewisse, aber gerechtere Zukunft machen. Denn das zeigt sich: Überall dort, wo diese Bilder entstehen, realisieren sich auch konkrete Utopien. Wie Antoine de Saint-Exupéry empfahl: Wenn Du ein Schiff bauen willst, beginne nicht Holz zu sammeln, Planken zu schneiden und die Arbeit zu verteilen, sondern mache den Menschen Lust auf das weite und offene Meer.
In diesem Sinne plädieren wir mit dem aktuellen factory-Magazin für die Neuerfindung utopischen Denkens, für das Malen positiver Zukunftsbilder, für die Institutionalisierung visionären Forschens – es passt zu uns und unserer Zeit.
So zeigt der Soziologe Andres Friedrichsmeier, dass das Credo der Alternativlosigkeit des globalen Neoliberalismus eine versagende Utopie ist, aus der es dutzende Auswege gibt. Isabella Hafner beschreibt alternative Lebens- und Produktsionsweisen, die als utopische Inseln Anschlusspotenzial besitzen. Der Science-Fiction-Forscher Alan Shapiro plädiert für fiktionales Lernen als Schlüssel für kreative, nachhaltige Lösungen. Auf die konkreten Wuppertaler Utopien und ihre Kopierfähigkeit verweisen Jan Filipzik und Olaf Joachimsmeier in unserer Fotostory. Dass Wissenschaft und Utopie gar nicht so weit auseinanderliegen, daran erinnert Uwe Schneidewind mit seinem Plädoyer für eine neue Möglichkeitswissenschaft. Mit welchen Erzählungen und Leitbildern sich eine zukünftige ressourcenleichte Gesellschaft vermitteln ließe, fassen Holger Berg und Christa Liedtke zusammen. Dass sich auch in der medialen Vermittlung neue journalistische Ansätze für die Große Transformation durchsetzen müssen, davon berichtet Manfred Ronzheimer. Spannend und inspirierend entfalten sich Zukünfte und Gegenwarten in der Science-Fiction-Literatur, das zeigen die Leseempfehlungen von Henning Meyer. Wie Mythen und Vorstellungen von Utopien unsere Hoffnungen vernebeln und wie neue utopische Orte entstehen können, erzählt der Philosoph Bernd Draser in seinem Beitrag Die nächsten 500 Jahre, den Sie nur online lesen können.
Utopien sind ein komplexes Thema – daher mögen einige Beiträge vielleicht nicht ganz einfach zu lesen sein. Doch wir sind überzeugt, dass sich der Aufwand lohnt: Wenn die Große Transformation gelingen soll, benötigen wir wieder fiktionales, utopisches Denken in allen gesellschaftlichen Bereichen. Und je mehr Menschen sich daran beteiligen, desto größer wird die kreative Vielfalt und um so wahrscheinlicher der Erfolg der Transformation.
Wir wünschen viel Freude mit Utopien,
Ralf Bindel und das Team der factory
Anleitung für nachhaltige Utopien
In Forschung, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind Visionen wünschenswerter nachhaltiger Zukünfte Schlüsselelemente der Problemlösung und Überzeugungskraft. Damit mehr dieser Entwürfe systematisch und wirkungsvoll entstehen, haben Arnim Wiek und David Iwaniec von der Arizona State University Qualitätskriterien und Gestaltungsrichtlinien zusammengestellt. Die 17-seitige englischsprachige Studie ist eine effektive Handlungsanleitung für alle, die Produkte, Dienstleistungen und Politikinstrumente für eine nachhaltige Entwicklung entwerfen.
Quality criteria for visions and visioning in sustainability science; A. Wiek, D. Iwaniec, Sustainable Science, Okt. 2014, researchgate.net
Mehr Beiträge zum Themenspektrum Utopien, ihrer Entwicklung und Umsetzung, ihren Beispielen konkreter Realisierung, ihrer Notwendigkeit für Gesellschaften und Wissenschaften, ihren Erzählformen und ihrer Ausgestaltung finden Sie im factory-Magazin Utopien. Das PDF-Magazin lässt sich kostenlos laden. Es ist so gestaltet, dass es besonders gut Tablet-Computern und Bildschirmen zu lesen ist – natürlich lässt es sich auch ausdrucken. Es enthält sämtliche Beiträge, Fotos und Illustrationen sowie zusätzliche Zahlen, Zitate und eine Wordcloud – während online zunächst nur wenige Beiträge verfügbar sind.
Mehr zum Thema «Utopien»:
- Die nächsten 500 Jahre
- Seien wir realistisch: Denken wir utopisch!
- Inseln gegen den Strom
- Fiktion ist der Schlüssel zu kreativen Lösungen
- Auf dem Weg zur Möglichkeitswissenschaft
- Ressourcenleichte Utopien
- Planet der Paradiese
- Von Möglichkeiten erzählen
News:
- Globaler Klimastreik für Frieden und Klimagerechtigkeit
- Mit utopischem Denken kreative Lösungen für die Zukunft finden
- Politik darf keine Angst vor der Transformation haben
- Stop CETA und TTIP am 17.9. – Dezentrale Großdemo in sieben Städten
- CO2-Steuern würden Emissionen und Ungleichheit senken
- Environmental tax reform for climate protection and social justice
- UN-Habitat III-Konferenz mit neuer urbaner Agenda ohne echte Beteiligung – aber mit Chancen
- Europäische und Nationale Ressourcen-Foren vom 9. bis 11. November in Berlin
- Das System Erde ist fast ausgebrannt
- Mit Science Fiction die Welt retten
- Wandel trotz Trump und Gabriel
- Ressourceneffiziente Produkte günstiger machen
- Mit dem Elektromotorrad nach Marrakesch
- Die utopischen Kräfte der Wissenschaft wecken
- Leichtigkeit wäre die Lösung
- Regionale und ökologische Versorgung geht auch in Ballungsräumen und Großstädten
- Wer die Zukunft gestalten will, muss Science Fiction lesen
- Agrarwende 2050 in Deutschland: Mit halbiertem Fleischkonsum zum Klimaziel
- Mehr Klimaschutz durch Digitalisierung?
- Nachhaltigste Unternehmen, Forschung, Städte, Architektur und StartUps 2017 gesucht
- Kompetenz für nachhaltigen Konsum soll wachsen
- Gemeinwohl-Ökonomie, Kakao-Handel und Bildungsplattform für Geflüchtete ausgezeichnet
- Deutsche wünschen sich starken Staat für besseren Umwelt- und Klimaschutz
- Deutschland kann und muss bis spätestens 2035 aus der Kohleverbrennung aussteigen
- Berlin könnte fortschrittlich handeln und den Flughafen BER nicht erweitern
- Neue Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 will die Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele unterstützen
- Nachhaltige Entwicklung geht nur mit gesunden Böden
- Was die Think-Tanks der Welt für die G20-Verhandlungen empfehlen
- Geht doch: Handelsketten produzieren Textilien mit weniger Gift – aber noch immer ohne Konzept zur Suffizienz
- GLS Bank fordert stärkere Kapitalbesteuerung, Grundeinkommen, CO2-Preis und Abgaben auf Spritz- und Düngemittel
- Der Staat (be)steuert falsch statt nachhaltig
- Festival Maker Faire macht kreativ und ressourcenleichter
- Verkehrswende: Deutschland kann bis 2035 emissionsfrei mobil sein
- Klimaschutz durch Remanufacturing: Den Hidden Giant entdecken
- Klimaschutz nur mit Ende des Verbrennungsmotors
- Klimagipfel-Berichterstattung: Kenntnis und Vertrauen wachsen um 20 Prozent
- Lasst die Wirtschaftswissenschaft transformativ werden
- Welternährungstag 2017: Mehr Hunger trotz Industrie. Kleinbauern stärken, Konzernmacht begrenzen, Lebensmittelsystem beenden – das wollen die NGO
- Städte können mehr gegen den Klimawandel tun als gedacht
- Dauerhafter Meeresspiegel-Anstieg um mehrere Meter, wenn sich die Emissionswende weiter verzögert
- Cargobikes: Bund fördert Kauf von Schwerlasträdern mit bis zu 2500 Euro
- Deutschland will Menschenrechte nicht vor Wirtschaft schützen
- Arbeit hat viele Facetten: Der Atlas der Arbeit zeigt sie
- Ein Tag des guten Lebens für alle
- Kohleausstieg hat nur geringe Auswirkungen auf Arbeitsplätze
- Klima-Nothilfeplan für rasches Handeln
- Verkehrswende: Ab 2028 darf die EU keine Benziner und Diesel mehr zulassen, wenn sie ihr Klimaziel erreichen will
- Was haben Bits mit Bäumen zu tun?
- Wie sich das Klimaziel 2030 sicher erreichen lässt
- Doppeldemo für schnelleren Klimaschutz
- Globale UN-Vereinbarung gegen Plastikmüll gefordert
- Deutschlands Klimabilanz 2018: Wegen warmer Witterung 4,2 Prozent weniger Treibhausgasemissionen
- Lieferkettengesetz: Unternehmen müssen ihre globale Produktion sozial und menschengerecht gestalten
- Zukunft Für Alle-Kongress mit über 200 Veranstaltungen zu Utopien und Transformation
- Klimaschutz: Wer nicht schneller und mehr reduziert, überlässt die Schulden zukünftigen Generationen
- Wie Deutschlands Energiesystem bis 2035 CO2-neutral und das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden kann
- Die Reparatur als Ressourcenschützer
- 30 Jahre Wuppertal Institut: Die Suche nach den besten Hebeln für den Wandel
- Soziales Nachhaltigkeitsbarometer zeigt breite Zustimmung zu Energiewende und Verkehrswende
- Earth Overshoot Day: Die Menschheit verbraucht 1,74 Erden
- IPCC-Bericht: Für 1,5 Grad-Szenario müssen globale Emission in den nächsten zehn Jahren um die Hälfte fallen
- So kann das Ruhrgebiet zur grünsten Industrieregion der Welt werden
- Die leichte Entscheidung bei der Klimawahl
- Scheinlösungen führen nicht zu mehr Klimaschutz
- UN Biodiversitätsgipfel: Wird Kunming zum Paris des Artenschutz?
- Klimaschutzpläne für Glasgow-Gipfel ungenügend: Regierungen planen doppelt so hohe fossile Verbrennung
- Ernährung, Gesundheit und Klima zusammendenken
- IPCC-Klimabericht zur Minderung des Klimawandels vergleicht Klimaschutzmaßnahmen und ihre Effizienz
- Die vernetzten Krisen erkennen und vernetzt gegensteuern
- Land kann Erneuerbare-Energie-Anlagen-Betreiber verpflichten, Bürger*innen zu beteiligen
- Solar Decathlon Europe 21/22 zeigt Beispiele für ressourcenschonendes urbanes Bauen
- Besser wirtschaften: Kooperativ für Gemeinwohl statt Profite
- Earth Overshoot Day 2022 ist Plädoyer für zirkuläre Unternehmen
- Ressourcen schützen heißt Menschen schützen
- Vergesellschaftung kann Wohnraum gerecht und ökologisch organisieren
- Mit Postwachstum gegen die Polykrise
- Lützerath: Aktionen und Demonstrationen gegen weiteren Braunkohleabbau