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  • Grundlagen des Forschungsprojekts "Teilgabe" zum kooperativen Wirtschaften

Besser wirtschaften: Kooperativ für Gemeinwohl statt Profite

Alternative Wirtschaftsmodelle mit einer Gemeinwohlorientiereng, die Mensch, Natur und Ressourcen schützt, haben es nach wie vor schwer, auch wenn sie Lösungen für wachsende Krisen bieten: Werden Gewinne ins Gemeinwohl investiert, profitieren Gesamtgesellschaft und Umwelt statt lediglich die Kapitalgeber*innen. Ein Forschungsprojekt analysiert kooperatives Wirtschaften, um mehr Unternehmen davon zu überzeugen.

Die bisherige Wirtschaftsweise hat offenbar keine wirkungsvollen Lösungen für die wachsenden multiplen Krisen durch Klimawandel, Artensterben und sozialer Ungleichheit – um nur einige Entwicklungen zu nennen. Trotz zunehmender auch ökonomischer Schäden spielen alternative Wirtschaftsordnungen immer noch keine größere Rolle, auch wenn sie diese begrenzen könnten.

Ein Denken und Produzieren in und mit einer Kreislaufführung von Ressourcen, die Bedeutung von Menschen- und Umweltrechten sind zwar bekannt, auch das Bekenntnis zu Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und gesellschaftlicher Verantwortung ist populär, dennoch überwiegt die Vorstellung des eindimensionalen Wirtschaftens: Nur durch ökonomisches Wachstum und Profit sei "Nachhaltigkeit" überhaupt möglich. Der Markt regele alles, der Staat möglichst wenig – die Grenzen des Planeten dürften aber unternehmerisches Wirtschaften nicht begrenzen.

Nicht nur zeigen die Ansätze der pluralen Ökonomik, dass es auch andere Modelle gibt und sich mit ihnen andere, gerechtere Wirtschaftsordnungen entwickeln ließen, wenn Politik und Wirtschaft bereit wären, diese zu fordern und zu fördern. Offenbar ist aber die Not angesichts des Scheiterns der bisherigen Wirtschaftsweise noch nicht groß genug, dass sich hier etwas substanziell ändert.

Es gibt aber inzwischen viele Unternehmen und Menschen, die das für sich nicht länger akzeptieren und selbst im Rahmen der herkömmlichen Wirtschaftsordnung gemeinwohlorientiert und kooperativ arbeiten. So sollen sich mittlerweile 3000 Unternehmen und 8000 Personen zum Prinzip der Gemeinwohl-Ökonomie bekennen, deren Ziel nicht die Vermehrung von Geldkapital ist, sondern das gute Leben für alle.

Gemeinwohl, Kooperation und Gemeinwesen stehen bei derartigen Modellen im Vordergrund – und das innerhalb der planetarischen Grenzen, sie gelten also global. In der Praxis sind das dann so genannte Sozialunternehmen, Genossenschaften, Bürgergesellschaften oder Vereine, die "kooperativ" wirtschaften. Was solche Formen kooperativen Wirtschaftens ausmacht und wie sie den sozialen und ökologischen Wandel der Gesellschaft voranbringen können, das untersucht das Forschungsprojekt Teilgabe, gefördert vom Bundesforschungsministerium.

Die Beteiligten vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, der Universität Hamburg, der Universität zu Köln und der Genossenschaft Innova zeigen nun: Neue Wirtschaftsformen bauen neue kollektive Eigentumsstrukturen auf und orientieren sich stark an ihren Zielgruppen. Sie setzen mehr auf das Gemeinwohl als auf Profite und handeln mit einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Öffentlichkeit besonders transparent. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift für Gemeinwirtschaft und Gemeinwohl vorgestellt.

„Die klassische Einteilung in Markt, Staat und Non-Profit-Sektor macht neue Formen des Wirtschaftens unsichtbar", erklärt Teilgabe-Projektleiter Christian Lautermann vom IÖW. Dabei gäbe es immer mehr Unternehmungen, die konkrete Zielgruppen und das Gemeinwohl fördern wollen und die dabei sowohl am marktlichen Wettbewerb teilnehmen als auch in zivilgesellschaftlichen Verbünden kooperieren: "Damit wirtschaften sie jenseits der klassischen Sektorenlogik“.

Kooperatives Wirtschaften: von Bürgerenergiegenossenschaften über Solidarische Landwirtschaft hin zu Plattform-Kooperativen

Um kooperatives Wirtschaften sichtbar zu machen, haben die Forschenden einen Analyserahmen entwickelt. Aus zentralen Diskursen zur Zivilgesellschaft und dem Non-Profit- bzw. Dritten Sektor, zum Genossenschaftswesen sowie zum Sozialunternehmertum haben sie zehn übergeordnete Kernmerkmale kooperativen Wirtschaftens herausgearbeitet.

„Gemeinschaftlich geteiltes Eigentum als ein Merkmal kann zu neuen Organisationsformen für die gemeinsame Bewirtschaftung von Ressourcen führen, etwa Bürgerenergiegenossenschaften", erläutert IÖW-Wissenschaftlerin Carla Young. "Die Handlungsweise der Civic Action als ein weiteres Merkmal bedeutet unter anderem, dass auch beim Wirtschaften gewaltfreie Aushandlungen das gemeinsame Ideal darstellen und soziale Inklusion angestrebt wird.“

Das Merkmal der Bedarfswirtschaft zeichnet Wirtschaftsweisen aus, die nicht auf Wachstum orientiert sind, sondern Ziele erfüllen, die für Mensch und Erde verträglich sind. Ein Beispiel sind die neuen Initiativen der Solidarischen Landwirtschaft. Diese entziehen den Gemüseanbau der Marktlogik und ermöglichen somit an Bedarfe angepasste Produktion. Verantwortung für die Öffentlichkeit übernehmen kooperativ wirtschaftende Akteure, indem sie ihre Stakeholder weit fassen und sich in der Pflicht sehen, ihr Handeln der breiten Öffentlichkeit gegenüber transparent zu machen. „Diese Gemeinwohlorientierung treibt die Akteure kooperativen Wirtschaftens dazu an, das große Ganze immer mitzudenken“, so Young.

Die Bewegung des Plattform-Kooperativismus zeigt ebenfalls, wie kooperatives Wirtschaften aussehen kann. In der CoopCycle-Föderation etwa haben sich mehr als 30 Fahrradkurier-Kollektive zusammengeschlossen, um gemeinsam eine Plattform-Infrastruktur für Letzte-Meile-Lieferungen zu nutzen. Die Föderation fördert so Emanzipation – lokale Initiativen werden dabei unterstützt, sich selbstbestimmt zu organisieren und faire Arbeitsbedingungen zu ermöglichen.

Zivilgesellschaftliches Wirtschaften kann den sozial-ökologischen Wandel voranbringen
Um den sozialen und ökologischen Wandel voranzutreiben, muss zivilgesellschaftliches Wirtschaften bekannter, und dessen Merkmale müssen bewusster umgesetzt werden und mehr Verbreitung finden, auch bei konventionellen Wirtschaftsakteuren, so die Empfehlung der Forschenden.

Verbundwirtschaftliche Kooperationen können dabei helfen, wertvolle Ressourcen besser in Kreisläufen zu führen. Bedarfswirtschaft als Handlungsmaxime kann helfen, blindes Wachstumsstreben zu vermeiden und mehr demokratische Mitwirkung beim Wirtschaften kann dafür sorgen, dass soziale und ökologische Ziele vor Profitziele gestellt werden.

Impulse für Politik, Wissenschaft und Wirtschaft

Die Forschenden richten sich mit den Merkmalen kooperativen Wirtschaftens an Politik, Wissenschaft, Akteure kooperativen Wirtschaftens selbst sowie an alle Unternehmen, die ihre Rolle in der Zivilgesellschaft bewusster gestalten wollen.

Den Akteur*innen zivilgesellschaftlichen Wirtschaftens wollen die Autor*innen Praxis-Orientierungen an die Hand geben, für Politik und die Wirtschaftsförderung bieten sie Grundlagen, um die Qualitäten alternativer Wirtschaftsweisen verstehen und bewerten zu können.

Dies schaffe Möglichkeiten, transformative Wirtschaftspraktiken mittelfristig etwa über das öffentliche Beschaffungswesen aktiv zu unterstützen, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung.

Dass sich mit einer Vielfalt von ökonomischen Ansätzen eine bessere Wirtschaft etablieren ließe, zeigen auch die Autor*innen von Plural statt monologisch im factory-Magazin Vielfalt. Wie gut inzwischen diese Inseln im Strom funktionieren lässt sich im factory-Magazin Utopien nachlesen. Und warum ein Grundeinkommen eine kooperative Wirtschaftsweise beflügeln könnte, behandelt unter anderem das factory-Magazin Freiheit. Dass selbst konventionelle Unternehmen durch Kooperation Ressourcen schonen können, lesen Sie im factory-Magazin Wir müssen reden.

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