"Wir wissen, dass 2020 das entscheidende Jahr ist, wenn wir noch eine Chance haben wollen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen“, sagte Greta Thunberg gestern in einer Online-Konferenz. Anlass war der Global Earth Day, ein Gedenk- und Aktionstag gegen den Klimawandel, der seit 50 Jahren am 22. April begangen wird. 2020 müssen aber auch zwei Krisen gleichzeitig bewältigt werden, sagte Thunberg. Doch die Coronakrise zeige immerhin, dass es eine große Bereitschaft gäbe, Verhaltensweisen zu verändern und anzupassen.
Ihr Konferenzpartner war Johan Rockström, Leiter des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung und Schöpfer der Betrachtung der Planetarischen Grenzen, zugeschaltet aus Potsdam zum Livestream aus dem Nobelpreismuseum in Stockholm. Er betonte die Gemeinsamkeiten der beiden Krisen. „Sie haben die gleichen Wurzeln, und sie erstrecken sich über den ganzen Planeten.“ Denn mit der Erderhitzung und dem fortschreitenden Zusammenbruch von Ökosystemen steige auch das Risiko von Pandemien.
National ließe sich die Pandemie nicht bewältigen, weltweites, gemeinsames Handeln sei erforderlich, betonte die Erfinderin des Klimastreiks, der seit 2018 Millionen Anhänger*innen auch unter Unternehmer*innen, Wissenschaftler*innen und Älteren gefunden hat. Immerhin wären wissenschaftliche Erkenntnisse in der Krise die Grundlage des Handelns – die Fridays-for-future-Bewegung fordert das seit ihren ersten Protesten auf der Straße.
Solidarität und Entschlossenheit fordern die Aktivisten auch auf ihrem ersten Online-Klimastreik am 24. April. Mit Protestplakaten und Fotos von kleinen individuellen Aktionen, soll sich ein globaler Streikstream erfahren lassen. Besondere Sorge der Streikenden gilt der geplanten Krisenbewältigung der Regierungen. Sie müssten so gestaltet werden, dass sie Wirtschaft und Gesellschaft langfristig gerechter, widerstandsfähiger und nachhaltiger machen. Das fordern auch eine ganze Reihe von Wirtschaftsexperten, die vor einem einfachen "Weiter-so" oder "Jetzt erst recht" warnen.
"Wenn jetzt Hunderte Milliarden fließen, dann muss jedes Konjunkturpaket auch gezielt den Klimaschutz voranbringen: Investitionen in den Ausbau der Erneuerbaren Energien, in sozial gerechte energetische Gebäudesanierung und nachhaltige Infrastruktur können die Wirtschaft zukunftsfähig machen und gleichzeitig den dringend notwendigen öko-sozialen Wandel voranbringen", fordert der Aufruf von zahlreichen Umwelt- und Naturschutzorganisationen aber auch den Entrepreneurs for future.
Von den insgesamt mehr als 4.500 unterzeichnenden Unternehmen nehmen mehr als die Hälfte aktiv am Netzstreik teil, wie zum Beispiel idealo. Zuletzt war die Firma mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden auf der Straße beim Klimastreik dabei: „Auch in Zeiten einer schlimmen Pandemie dürfen wir die globale Klimakrise nicht vernachlässigen. Mit ihrer Aktion „Gemeinsam laut fürs Klima! #KlimaSchrei“ unterstreichen die Unternehmen, dass sie auch künftig zum Klimaschutz stehen. Die beteiligten Firmen wenden sich damit auch gegen Akteure, die im Zuge der Coronakrise die Verschiebung von nationalen und europäischen Klimaschutzmaßnahmen fordern.
Wie der Protest 2018 und 2019 auf der Straße entstand und welche Wirkungen er entfaltete, beschreibt Kira Crome im factory-Magazin Freiheit. Denn der Protest der Jüngeren und Engagierten wurde häufig diskreditiert, sie würden Verzicht und Unfreiheit predigen, selbst jedoch jegliche konsumistische Freiheit nutzen, sich gar mit dem SUV wöchentlich zur Demo bringen lassen und ausschließlich aus gebildeten Schichten kommen. In ihrem Beitrag Endlicher Spaß kommt Crome zu dem Schluss, dass Fridays-for-future die Fragen nach dem "Wie weiter?" und dem "guten Leben" in die Mitte der Gesellschaft gebracht habe. Der Online-Streik am 24. April könnte zeigen, dass diese Fragen gerade während der Pandemie für mehr Menschen eine "nachhaltige" Bedeutung haben.
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Foto: Klimademonstration in Dili, Osttimor, 24.9.2019, Francisco Amaral, Presidency of East Timor - Facebook-Auftritt des Staatspräsidenten Osttimors, Gemeinfrei