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Fossile Brennstoff-Pläne: 110 Prozent über dem 1,5 Grad-Ziel

Um das 1,5 Grad-Ziel der maximalen Erderhitzung einzuhalten, müsste die weltweite Förderung und Produktion fossiler Brennstoffe eigentlich um die Hälfte sinken. Stattdessen überschreiten die gegenwärtigen Pläne der 20 produktionsintensivsten Länder dieses Limit um mehr als das Doppelte. Auch das Zwei-Grad-Ziel ist mit diesen Absichten nicht erreichbar, warnt der Production Gap Report 2023.

Mit einem schnellen Ausstieg aus den fossilen Energien ließen sich die Ziele von Paris noch erreichen, doch die produktions- und verbrauchsintensivsten Länder der Welt planen immer noch, mehr statt weniger zu fördern und zu finanzieren.

Dabei hatte es der Weltklimarat IPCC 2021 in seinem sechsten Sachstandsbericht noch einmal deutlich gemacht: Für ein 1,5 Grad-Szenario müssten die globalen Emissionen in den nächsten zehn Jahren um die Hälfte fallen.

Und 2023 hatte der IPCC mit einer "letzten Warnung" vor den größten Auswirkungen des globalen Temperaturanstiegs noch einmal zur schnellen Emissionsreduktion aufgefordert.

Mit einem systematischen Vergleich der Maßnahmen hatte er auch gezeigt, wie das am effizientesten – also zu den geringsten Kosten mit größtmöglicher Wirkung – noch möglich wäre: Durch Investitionen in Sonnen- und Windenergie, Stopp der Entwaldung, Renaturierung der Ökosysteme, CO2-arme Landwirtschaft und eine fossilfreie Industrie.

Vor dem 28. Klimagipfel in Dubai, auf dem die Länder den Global Stocktake, die Bestandsaufnahme der Fortschritte seit dem Übereinkommen von Paris 2015, diskutieren und verhandeln sollen, liefert nun noch einmal der Production Gap Report der Umweltorganisation der Vereinten Nationen UNEP die Zahlen über die Lücken, den Gap zwischen Zielen, Absichten und Plänen.

110 Prozent über 1,5 Grad-Ziel, 69 Prozent über Zwei-Grad-Ziel

Laut dem Stockholmer Umweltinstitut SEI, unter dessen Leitung dieser dritte Gap Report seit 2019 entstand, planen die Regierungen 2030 etwa 110 Prozent mehr fossile Brennstoffe zu produzieren, als noch mit dem Pariser Klimaziel zur Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad zulässig wäre, das Zwei-Grad-Ziel wird ebenfalls noch um 69 Prozent überschritten.

Und das, obwohl sich 151 nationale Regierungen verpflichtet haben, bis Mitte des Jahrhunderts Netto-Null-Emissionen zu erreichen – und obwohl die jüngsten Prognosen darauf hindeuten, dass die weltweite Nachfrage nach Kohle, Öl und Gas in diesem Jahrzehnt ihren Höhepunkt erreichen werde, selbst ohne neue politische Maßnahmen, heißt es vom SEI dazu.

Zusammengenommen würden die Regierungspläne zu einem Anstieg der weltweiten Kohleproduktion bis 2030 und der weltweiten Öl- und Gasproduktion bis mindestens 2050 führen, wodurch sich die Produktionslücke bei den fossilen Brennstoffen im Laufe der Zeit immer weiter vergrößern würde.

"Angesichts der Risiken und Unwägbarkeiten der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung sowie der Kohlendioxidabscheidung sollten die Länder einen nahezu vollständigen Ausstieg aus der Kohleproduktion und -nutzung bis 2040 und eine kombinierte Verringerung der Öl- und Gasproduktion und -nutzung um mindestens drei Viertel bis 2050 gegenüber dem Stand von 2020 anstreben", fordern die den Production Gap Report erstellenden Institutionen wie das SEI, Climate Analytics, E3G, das International Institute for Sustainable Development (IISD) und das UN Umweltprogramm (UNEP).

Verpflichtungen ja, Konsequenzen nein

Zwar haben sich 17 der 20 im Bericht vorgestellten Länder verpflichtet, Netto-Null-Emissionen zu erreichen - und viele haben Initiativen zur Senkung der Emissionen aus der Produktion fossiler Brennstoffe eingeleitet -, aber keines habe sich verpflichtet, die Kohle-, Öl- und Gasproduktion im Einklang mit der Begrenzung der Erwärmung auf 1,5°C zu reduzieren.

Regierungen, die über größere Kapazitäten zur Abkehr von fossilen Brennstoffen verfügen, sollten deswegen ehrgeizigere Reduktionen anstreben und den Übergangsprozess in Ländern mit begrenzten Ressourcen unterstützen, fordern die Autor*innen.

"Wir können die Klimakatastrophe nicht bekämpfen, ohne ihre eigentliche Ursache anzugehen: die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Die COP28 muss ein klares Signal aussenden, dass das Zeitalter der fossilen Brennstoffe vorbei ist - dass sein Ende unausweichlich ist", kommentierte UN-Generalsekretär António Guterres.

“Wir brauchen glaubwürdige Zusagen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und die Steigerung der Energieeffizienz bei gleichzeitiger Gewährleistung eines gerechten und ausgewogenen Übergangs.”

20 Länder verantworten 83 Prozent der Produktion, 73 Prozent des Verbrauchs

Obwohl der Juli 2023 der heißeste jemals aufgezeichnete Monat und wahrscheinlich der heißeste der letzten 120.000 Jahre war, überall auf der Welt tödliche Hitzewellen, Dürren, Waldbrände, Stürme und Überschwemmungen Menschenleben und Existenzgrundlagen vernichten tut sich beim Ausstieg aus den fossilen Energien kaum etwas: Die weltweiten Kohlendioxidemissionen stammen zu fast 90 Prozent aus fossilen Brennstoffen und haben in den Jahren 2021-2022 einen Rekordwert erreicht.

Der Bericht 2023 enthält neue, erweiterte Länderprofile für 20 wichtige Länder, die fossile Brennstoffe produzieren: Australien, Brasilien, Kanada, China, Kolumbien, Deutschland, Indien, Indonesien, Kasachstan, Kuwait, Mexiko, Nigeria, Norwegen, Katar, die Russische Föderation, Saudi-Arabien, Südafrika, die Vereinigten Arabischen Emirate, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika.

Außerdem bewerten die Autor*innen den Stand der Diskurse und der politischen Maßnahmen für einen geregelten und gerechten Ausstieg aus der Produktion fossiler Brennstoffe in diesen Ländern.

Insgesamt entfallen auf diese Länder 82 Prozent der Produktion und 73 Prozent des Verbrauchs der weltweiten Versorgung mit fossilen Brennstoffen.

Die Profile zeigen, dass die meisten dieser Regierungen die Produktion fossiler Brennstoffe weiterhin politisch und finanziell in erheblichem Umfang unterstützen.

"Die fortgesetzte Produktion und Nutzung von Kohle, Öl und Gas ist nicht mit einer sicheren und lebenswerten Zukunft vereinbar. Um bis 2050 einen Netto-CO2-Ausstoß von Null zu erreichen, müssen sich die Regierungen zu einer globalen Reduzierung der Produktion aller fossilen Brennstoffe verpflichten, diese planen und neben anderen Klimaschutzmaßnahmen umsetzen, und zwar ab sofort", fordern die beteiligten Wissenschaftler*innen.

Warum Klimaschutz nur mit dem Schutz von Ressourcen gelingt, lesen Sie im factory-Magazin Ressourcen. Welche Maßnahmen die größten Emissionseinsparungen bringen, zeigt das factory-Magazin Klimaneutral. Und wie wichtig die entsprechende kreative Gestaltung in jeder Hinsicht dazu ist, erfährt man im factory-Magazin Design.

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