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Weltweite Kohlendioxid-Emissionen wachsen nicht weiter – doch ohne Kohleausstieg kein Klimaziel

Eine gute Nachricht zum Klimaschutz: Das Wachstum der weltweiten CO2-Emissionen durch Verbrennung fossiler Brennstoffe wird 2016 voraussichtlich zum dritten Mal in Folge beinahe stagnieren. Dennoch: Das Zwei-Grad-Ziel der Erderwärmung wird damit weit verfehlt. Ohne zügigen Kohleausstieg in den reichen Ländern wird nichts aus dem Pariser Klimaziel.

Darüber freuen sich nicht nur die Klimaverhandler in Marrakesch: Der weltweite jährliche CO2-Ausstoß bleibt im dritten Jahr in Folge konstant. Laut Berechnungen des Global Carbon Project (GCP) wird der CO2-Ausstoß von fossilen Energien und der Industrie dieses Jahr etwa bei 36,4 Milliarden Tonnen liegen. 2015 lag er bei 36,3 Gt und 2014 bei 36,2 Gt.

Vor allem der sinkende Kohleeinsatz in China soll dafür verantwortlich sein. Zudem scheint auch das Divestment, der Ausstieg aus der Finanzierung fossiler Energiewirtschaft, sichtbare Früchte zu tragen. Immerhin ist der Anteil der Investitionen in Erneuerbare Energien auf mehr als 50 Prozent aller Energieinvestitionen gestiegen. Wegen des Wetterphänomens El Niño blieb außerdem mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre und so wurden 2015 – und werden wahrscheinlich auch 2016 – neue Rekordstände für die CO2-Konzentration erreicht.

Die Wissenschaftler der Studie wie Sabine Fuss vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) bezeichnen das geringe Wachstum von 0,2 Prozent mehr CO2 zwar als Einschnitt  gegenüber dem vorangegangenen Jahrzehnt. Denn damals lag die jährliche Steigerungsrate der Emissionen im Schnitt bei rund 2,3 Prozent. „Aber um die Ziele des Paris-Abkommens zu erreichen, müssen die Emissionen in den nächsten Jahren ebenso schnell sinken wie sie zuvor gestiegen sind“, sagt Fuss.

Dafür muss die Politik stärkere Anstrengungen unternehmen. Denn etwa in Deutschland sind im Jahr 2015 die Emissionen trotz der Unterstützung für die Erneuerbaren nicht gesunken, sondern um 0,7 Prozent leicht gestiegen. Ähnlich sieht es auf der europäischen Ebene aus. Auch der Ausstoß der EU ist von 2014 auf 2015 um circa 1,4 Prozent gewachsen. Die 28 Staaten stellen gemeinsam noch immer den weltweit drittgrößten Emittenten dar, der für etwa zehn Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich ist.

Dagegen war in China, das mit circa 29 Prozent der weltweit größte Emittent ist, 2015 eine Reduktion des CO2-Ausstoßes von etwa 0,7 Prozent zu beobachten. 2016 wird der Rückgang voraussichtlich 0,5 Prozent betragen – wenngleich die Daten aus China noch mit Unsicherheiten verbunden sind. Im vorangegangenen Jahrzehnt hatte die jährliche Steigerung jedoch im Schnitt noch bei rund fünf Prozent gelegen.

Corinne Le Quéré, Direktorin des Tyndall Centre an der University of East Anglia, die die Datenanalyse geleitet hat, sagt dazu: „Die Pause im Emissionswachstum ist zwar eine große Hilfe, reicht aber nicht aus. Die Emissionen müssen rapide gesenkt werden. Wenn die Klimaverhandler in Marrakesch eine Ausweitung des Emissionsreduktionen in Gang setzen könnten, wäre das ein Startschuss, um den Klimawandel ernsthaft anzugehen.“

Die Zahlen sind zumindest eine Ermutigung für die Politiker, die zum laufenden 22. UN-Klimagipfel in Marrakesch stoßen. Der "Umsetzungsgipfel" soll die konkreten Maßnahmenpläne der Staaten sammeln, wie sie das Pariser Klimaziel von 1,5 bis zwei Grad maximaler Erderwärmung erreichen wollen. Die internationalen Verhandler wollten sich auch nicht von der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten beirren lassen. Trump, selbst Klimaskeptiker, will den Klimawandelleugner Myron Ebell als Chef der US-Umweltbehörde EPA einsetzen, der fossile Brennstoffe und großzügige Grenzwerte schätzt. Dass so das Zwei-Grad-Ziel nicht erreicht wird, zeigen auch die jetzt in Marrakesch vorgelegten aktuellen UN-Zahlen: Bei dem jetzigen Trend verfehlt die Welt das Ziel um 14 Milliarden Tonnen – China und die USA stoßen zusammen so viel in einem Jahr aus. Der gesamte Ausstoß werde bei 53 Milliarden Tonnen liegen, weil die Emissionen aus der Landwirtschaft noch steigen werden.

Auf der Konferenz wurde auch eine Lösung präsentiert: Die reichen Länder müssen die Verbrennung von Kohle bis 2030 einstellen, so das Fazit einer Studie der Berliner Denkfabrik Climate Analytics. China müsse „bis 2040 aus der Kohle aussteigen und die restlichen Länder bis 2050“. Ansonsten würde die Welt sehr abhängig von umstrittenen und unerprobten Verfahren der „negativen Emissionen“, mit denen CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden soll, also etwa massive Aufforstung oder unterirdische Speicherung. Leider seien die Emissionen aus gegenwärtigen und in Bau befindlichen Kohlekraftwerken 2,5 mal höher als das Kohlenstoffbudget erlaube. Noch schlechter werde die Situation, wenn die global 1000 geplanten Kohlekraftwerke, die sogar in reichen Ländern wie Japan entstehen sollen, tatsächlich realisiert werden. In Marrakesch müssten die Politiker ein deutliches Zeichen setzen, dass jegliche Investition in Kohlekraft verlustreich wird und dem vereinbarten Klimaziel zuwiderläuft. Den Kohleausstieg Großbritanniens nennt Ben Caldecott, Leiter des Nachhaltigen Finanprogramms an der Universität Oxford vorbildblich. Fossiöe Kapazitäten abzuschalten fördere den Ausbau erneuerbarer Kapazitäten.

Bild: Global Carbon Project

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