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  • Gemeinsam für gleiche Bezahlung und gerechte Verteilung: Equal-Pay-Day 2014. Bild: Screenshot BPW Germany.

Gender-Pay-Gap: Frauen verdienen 20 Prozent weniger

Der diesjährige Equal-Pay-Day am 21. März soll wieder einmal bundesweit darauf aufmerksam machen, dass Frauen immer noch schlechter als Männer bezahlt werden. Initiativen fordern eine Debatte über Arbeitszeitverkürzung und gerechtere Verteilung von Arbeit.

Rund 20 Prozent lag der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst von Frauen in Deutschland in den letzten vier Jahren unter dem der Männer. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse, die das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung zum Equal-Pay-Day vorlegt. Ältere Beschäftigte sind besonders benachteiligt: Bei jüngeren Frauen zwischen 25 und 30 Jahren liegt der Unterschied bei rund 13 Prozent, bei Frauen zwischen 36 und 40 Jahren beträgt er 19 Prozent, zwischen 51 und 55 Jahren erreicht er gut 21 Prozent und in der Altersgruppe der 61 bis 65- Jährigen sogar 28 Prozent.

Die Gründe für diesen Trend: "Frauen steigen oft schon mit einem Verdienstnachteil ein, unter anderem, weil Berufe, in denen viele Frauen arbeiten, schlechter bezahlt werden. Sie fallen später weiter zurück, weil sie den Großteil der Familienarbeit übernehmen. Sie gelangen seltener in gut bezahlte Führungspositionen. Und sie sind gar nicht so selten mit direkter oder indirekter Diskriminierung konfrontiert“, sagt Dr. Reinhard Bispinck, der Leiter des WSI-Tarifarchivs.

Der Einkommensrückstand von Frauen betrifft zudem alle Berufe. Er reicht von 2 Prozent bei Technischen Zeichner/innen über 14 Prozent bei den Architekt/innen, 19 Prozent bei Bankkaufleuten bis zu 27 Prozent bei Zahntechniker/innen. Nur in wenigen Berufen liegt das Einkommen der Frauen über dem der Männer. So verdienen Informatiker/innen immerhin 3 Prozent mehr als ihre Kollegen. Hinzu kommt, dass Frauen nicht nur beim Gehalt, sondern auch bei Sonderzahlungen das Nachsehen haben, sowohl beim Weihnachts- als auch beim Urlaubsgeld und bei Gewinnbeteiligungen. Ebenso sieht es bei den bewilligten Weiterbildungen aus.

Deutliche Unterschiede auch im Führungsbereich: Frauen mit Hochschulabschluss haben mit 21 Prozent weniger oft eine Führungsposition als Männer mit 32 Prozent. Sie erhalten auch bei gleicher Hierarchiestufe ein deutlich geringeres Gehalt. Frauen mit Hochschulabschluss erhalten als (Haupt-)Abteilungsleiterinnen im Schnitt 3.700 Euro monatlich, Männer in derselben Position dagegen 5.200 Euro.

Der Equal-Pay-Day, der in diesem Jahr auf den 21. März fällt, markiert symbolisch den Verdienstunterschied von Frauen und Männern, der laut Statistischem Bundesamt aktuell immer noch bei 22 Prozent liegt. Es ist der Zeitraum im Jahr, den Frauen bei gleichem Arbeitsvolumen (bezogen auf die Männer) ohne Bezahlung arbeiten: 22 Prozent von 365 Tagen = 80 Tage. Schon im vergangenen Jahr fiel der EPD ebenfalls auf den 21. März, seitdem hat sich also statistisch nichts verbessert.

Im Fokus der diesjährigen Equal-Pay-Day-Kampagne stehen Minijob und Teilzeitarbeit als häufige Beschäftigungsformen von Frauen nach einer Erwerbspause. Diese Beschäftigungsformen gelten als wichtige Ursachen sowohl für die geschlechtsspezifische Lohnlücke als auch für die spätere Rentenlücke von rund 60 Prozent. „Die Geburt eines Kindes bedeutet für viele Frauen das Karriere-Aus. Sie unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit und kehren danach häufig erst einmal in Minijobs oder geringer Teilzeit ins Berufsleben zurück. Was zunächst wie ein idealer Weg zurück in den Arbeitsmarkt aussieht, erweist sich aber in vielen Fällen als berufliche Sackgasse", sagt Henrike von Platen, Präsidentin des BPW Germany (Business and Professional Women Germany e.V.). "Aufstiegschancen bleiben langfristig versperrt, die Stundenlöhne sind meist niedriger als bei Vollbeschäftigung, und eine existenzsichernde Rente kann nicht aufgebaut werden." Es dürfe nicht sein, dass die Geburt eines Babys Mütter spätestens im Rentenalter arm mache, verweist von Platen auf das Motto der Kampagne "... und raus bist Du?".

Die Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig und die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles wollen die Lohnlücke schließen und sich für gleiche Chancen einsetzen, betonen sie in einer heute veröffentlichten gemeinsamen Pressemitteilung. Die indirekte Lohndiskriminierung müsse durch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden, typische Frauenberufen wie zum Beispiel in der Pflege müssten aufgewertet werden, so Schwesig. "Die direkte Lohndiskriminierung soll durch ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit wirksam beseitigt werden", schlägt Schwesig vor. Die Eckpunkte für ein solches Gesetz will sie noch in diesem Jahr auf den Weg bringen. Andrea Nahles sieht die gerechteren Einkommensperspektiven durch den Mindestlohn ab Januar 2015 kommen. Sie will einen Rechtsanspruch auf Voll- nach Teilzeit: "Viele Frauen werden zudem zum Beispiel auf Grund von Erziehungspausen im Erwerbsleben abgehängt. Die Teilzeitfalle beeinträchtigt Einkommens- und Aufstiegsperspektiven. Wir haben deshalb in der Koalition verabredet, ein Rückkehrrecht auf Vollzeit einzuführen.“

Den Vorschlag vom Familienministerin Schwesig für ein neues Arbeitszeitverständnis greifen die Dachorganisation der deutschen Frauenverbände, der Deutsche Frauenrat, und das Bundesforum Männer auf: Deutschland brauche die Debatte um eine geschlechtergerechtere Neu- bzw. Umverteilung von produktiver, reproduktiver und gesellschaftlicher Arbeit. Auch Arbeitszeitverkürzung müsse wieder auf die politische Agenda. Die Neudefinition des „Normalarbeitsverhältnisses“ dürfe nicht länger tabu sein.

„Eine neue Arbeitszeit-Debatte ist dringend notwendig, auch wenn die ablehnenden Reaktionen aus der Mitte von Politik und Wirtschaft uns das Gegenteil nahelegen wollen“, sagte dazu Hannelore Buls, Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, kurz vor dem Internationalen Frauentag am 8. März. Insbesondere die Arbeitszeit für Eltern mit kleinen Kindern habe mit dem Schwesig-Modell einen wichtigen Impuls bekommen. Es sieht für diese Gruppe eine Senkung der Arbeitszeit auf 32 Stunden/Woche vor, die aus Steuermitteln ausgeglichen werden soll.

„Dieser Vorschlag muss auch im Interesse von Vätern voran gebracht werden.“ so der Vorsitzende des Bundesforum Männer, Martin Rosowski. „Trotz des politischen Versprechens ein aktives gesellschaftliches Vaterbild zu fördern, stehen gerade Männer vor den Blockaden rigider Arbeitszeitstrukturen und der überkommenen Rollennorm des ‚Vollerwerbers‘, wenn sie Vaterschaft und Beruf bewusst vereinbaren wollen.“

Mit der ökonomischen Unabhängigkeit der Einzelnen müsse auch das Konstrukt „Familieneinkommen“, in dem in der Regel der Mann das Haupt- und die Frau das Nebeneinkommen erzielen, endlich aufgelöst werden. Eine solche Ungleichverteilung von Einkommen und Aufgaben zwischen den Geschlechtern verhindere bis heute eine echte Wahlfreiheit für Frauen wie Männer. Kürzere, familiengerechte Arbeitszeiten, die auch unterhalb des Vollzeitniveaus ein Existenz sicherndes Einkommen für Männer und Frauen gewährleisten und eine neue Form der 30-Stunden-Woche für mehr Beschäftigung und weniger Abreisverdichtung und Leistungsdruck stehen deswegen ganz oben auf der gemeinsamen Forderungsliste der Frauenverbände und des Männerforums.

Mehr zur gerechteren Beteiligung im factory-Magazin Teilhabe, unter anderem auch mit einem Standpunkt von Henrike von Platen.

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