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Deutsche wünschen sich mehr Förderung umweltfreundlicher Landwirtschaft

Die derzeitigen Agrarsubventionen der Europäischen Union halten nur die wenigsten Menschen für richtig; die meisten in Deutschland wünschen sich eine Förderung der Betriebe, die tatsächlich umweltfreundlich arbeiten – statt die Fördergelder an die Betriebsgröße zu koppeln. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass die Exportförderung nicht zu den Prioritäten der Menschen gehört.

Am Wochenende setzten in Berlin über zehntausend Menschen ein Zeichen: Rund 18.000 Menschen kamen nach Angaben der Veranstalter zur Demonstration "Wir haben es satt". Sie streitet alljährlich im Januar für eine umwelt- und tiergerechten Agrarwende, 2017 war es bereits das siebte Mal. Anlass ist jeweils die wichtigste Landwirtschaftsmesse der Welt, die Grüne Woche in Berlin, die am Freitag begann. Der Januar ist deswegen schon fast traditionell der Monat der Landwirtschaftsthemen. Der Gegenprotest des Deutschen Bauernverbandes war dagegen recht übersichtlich: Etwa 400 Bauern demonstrierten am Hauptbahnhof unter dem Motto "Wir machen Euch satt". Das zeigt in etwa das Verhältnis, wie die EU die Fördergelder der Gemeinsamen Agrarpolitik verteilt: Wenige große Betriebe bekommen die größten Subventionen, während immer mehr kleinere Betriebe aufgeben müssen, Umwelt und Tierwohl bleiben Fragen der Effizienz.

Zentrale Forderung der Demo "Wir haben es satt" war daher auch neben dem Protest gegen die Megafusion der Saatgutkonzerne Bayer und Monsanto auch eine bessere Verwendung der EU-Agrarsubventionen. Sie können bereits jetzt für artgerechte Stallbauten und biologischen Wasserschutz den Betrieben zugeteilt werden – doch die Regierung verzichtet auf dieses Transformations-Instrument und bleibt beim alten Modell, das nach Betriebsgröße zuteilt.
Wie sehr das den Wünschen der Verbraucher widerspricht, hatte der Naturschutzbund Deutschland (NABU) zuvor in einer Umfrage herausgefunden, die er beim Meinungsforschungsinstitut forsa in Auftrag gegeben hatte. Demnach unterstützen nur neun Prozent der Befragten die derzeitige EU-Politik, nach der Landwirte überwiegend pauschal nach Betriebsgröße gefördert werden. Die überwiegende Mehrheit der Befragten (78 Prozent) hingegen würde ein System bevorzugen, das Fördergelder an die Erbringung konkreter gesellschaftlicher Leistungen koppelt, beispielsweise für den Umweltschutz.

Zu den Anstrengungen, für die Landwirte Geld erhalten sollten, haben die Bundesbürger klare Vorstellungen. Die überwiegende Mehrheit (93 Prozent) wünscht sich, dass Landwirte Geld für eine umweltfreundliche Produktion (93 Prozent) und tierfreundliche Viehhaltung (91 Prozent) erhalten sollten. Nur eine Minderheit meint dies über Maßnahmen, die Exportchancen verbessern (45 Prozent) oder eine günstige Produktion gewährleisten (31 Prozent). Damit wendet sich die Mehrheit der Bundesbürger auch gegen die Forderung von Landwirtschaftsminister Schmidt: Er will den Export von Agrarprodukten künftig noch stärker fördern.

Dass ein Richtungswechsel in der EU-Agrarförderung möglich ist – auch ohne finanzielle Einbußen für die Landwirte – hat der NABU vor kurzem nachgewiesen. In einer Studie entwickelten Agrarökonomen und -ökologen gemeinsam Alternativen zur derzeitigen pauschalen EU-Förderpolitik. Das Ergebnis ist ein Modell, mit dem Umwelt und Landwirte gleichermaßen profitieren können.

Bei gleich bleibender Fördersumme könnten künftig drei Viertel der deutschen Agrarfläche besonders naturverträglich bewirtschaftet werden. Gleichzeitig würden die Einkommen der teilnehmenden Betriebe gleich bleiben oder sogar steigen. Betriebe, die künftig nur die Mindeststandards der Umweltgesetze einhalten wollten, könnten dies auch tun – sie erhielten dann allerdings kein Geld mehr vom Steuerzahler. „Durch diese Umstellung könnte die Agrarförderung wesentlich umwelt- und naturfreundlicher und gegenüber Landwirten wie Steuerzahlern fairer gestaltet werden“, so Konstantin Kreiser, NABU-Experte für EU-Naturschutzpolitik.

Insgesamt fließen derzeit 40 Prozent des EU-Haushalts, und damit jährlich rund 60 Milliarden Euro, in die Landwirtschaft. Das entspricht im Durchschnitt 112 Euro pro EU-Bürger und Jahr. Vor kurzem hatte auch Greenpeace eine Studie vorgestellt, die eine Agrarwende vorstellt, die die Erreichung des Pariser Klimaziels möglich macht und unter anderem auf eine veränderte Förderungspraxis setzt.

Ab Februar 2017 sind zudem alle Bürgerinnen und Bürger in der EU gefragt: In einer groß angelegten Online-Befragung können sie ihre Meinung zur Agrarförderung an die EU richten. Die Ergebnisse sollen in die europaweite Debatte zur Neuausrichtung der Agrarpolitik einfließen.

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