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Mit einem CO2-Preis könnten Finanzminister das Klima retten

Naturverbrauch besteuern, der Umwelt einen Preis geben, das gehört schon lange zu den Ideen, die wachsende Umweltbelastung zu reduzieren. Klimawissenschaftler empfehlen nun eine Preisfestlegung für den Kohlendioxid-Ausstoß. In einer neuen Studie berechneten sie, welche Effekte das hätte.

Dem Ausstoß von CO2 einen Preis zu geben könnte helfen, die internationale Klimapolitik aus der Sackgasse zu holen. Finanzminister weltweit hätten Grund genug, sich für CO2-Steuern oder für Emissionshandel stark zu machen – und zwar völlig unabhängig von den Risiken eines ungebremsten Klimawandels, wie eine neue Studie zeigt. Das Ergebnis des Weltklimagipfels in Paris ist offen, aber Regierungen und Volkswirtschaften könnten in jedem Fall davon profitieren, Kohlenstoff zu bepreisen und dafür Kapital oder Arbeit weniger stark zu besteuern. Und dies unabhängig davon, ob andere Länder mitmachen oder nicht.

„Von den Finanzministern werden – bei knappen Kassen – immer lautstark öffentliche Investitionen in Bildung, Sicherheit oder das Transportwesen gefordert; ein CO2-Preis könnte hier ein geeignetes Mittel sein, um die hierfür nötigen Einkünfte zu erzielen“, sagt der Leitautor Max Franks vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Finanzminister könnten so Gelder in den Ausbau von Infrastruktur stecken und dem Gemeinwohl substanziell und nachhaltig nutzen. Dieser Nutzen ist volkswirtschaftlich bares Geld wert. Und er kommt eben auch dem Klimaschutz zugute, da ein CO2-Preis einen starken Anreiz zur Emissionsreduktion setzt. Man könnte das als doppelte Nachhaltigkeitsdividende bezeichnen.“

In der globalisierten Welt ist die Besteuerung von Unternehmen schwierig

Im Gegensatz dazu ist es für Regierungen schwierig, zusätzliche Steuern auf Vermögen oder Arbeit zu erheben. „In unserer globalisierten Welt ist es verhältnismäßig einfach, Kapital – und sogar ganze Unternehmen – in andere Länder mit niedrigeren Steuern zu verlagern“, sagt Ko-Autor Ottmar Edenhofer, Chefökonom des PIK. Schon in seinem Beitrag Schuld und Schubumkehr im factory-Magazin Schuld & Sühne hatte er eine CO2-Steuer gefordert. Denn eine Besteuerung der Löhne und Gehälter als Alternative würde den Konsum drücken und kann soziale Spannungen hervorrufen. „Wir waren überrascht davon, wie robust unsere Ergebnisse sind“, fügt Edenhofer hinzu. „Egal ob andere Länder Emissionen besteuern, egal ob der Markt für fossile Brennstoffe fast monopolistisch von der OPEC bestimmt wird oder von perfektem Wettbewerb – nahezu alle errechneten Szenarien zeigen, dass eine CO2-Bepreisung positive ökonomische Auswirkungen hätte. Sogar wenn man den zusätzlichen Nutzen durch verhinderte Klimafolgen außen vor lässt.“

Erst kürzlich hat die kanadische Provinz Alberta, bekannt als Ölproduzent, eine umfassende CO2-Steuer eingeführt. Vergangenes Jahr hat Chile in Südamerika etwas Ähnliches angekündigt. Andere Staaten denken darüber nach.

Die neue Forschung basiert auf einem innovativen spieltheoretischen Modell – einer Computersimulation des strategischen Verhaltens von Finanzministern auf dem globalen Kapitalmarkt. Zusätzlich beziehen die Berechnungen auch die Interaktionen von Regierungen und privaten Akteuren mit ein. Die Methode ist durch andere ökonomische Studien erprobt. Empirische Fakten lassen sich gut abbilden, wie etwa der Steuerwettbewerb einer globalisierten Wirtschaft, der oft zu einer Unterversorgung von Infrastruktur-Investitionen führt. „Wir haben jedoch herausgefunden, dass Länder mit CO2-Steuern keine Nachteile durch eine großflächige Verlagerungen von Kapital hätten, denn der wirtschaftliche Effekt durch verbesserte Infrastruktur – die natürlich für Unternehmen die Produktionsbedingungen verbessert – wäre sehr viel größer“, erklärt Franks.

Weltklimagipfel von Paris: CO2-Steuern als Wendepunkt?

Die Studie bringt belastbare Ergebnisse auf der Ebene von Konzepten, kann aber keine Daten liefern für einzelne Länder, und keine konkreten Zahlen für den volkswirtschaftlichen Effekt der Bepreisung. Dies wäre nun der nächste Schritt in der Forschung, so die Autoren.

„Während die Klimaverhandlungen in Paris sich auf Mengenziele zur CO2-Reduktion fokussieren, zeigt unsere Arbeit, dass Preisziele höchst effektive Werkzeuge sein können“, betont Edenhofer. „Für einige Länder würde eine CO2-Besteuerung am besten funktionieren. Andere – wie die Europäische Union oder China – stützen sich auf Emissionshandelssysteme, die den gleichen Effekt haben können, jedenfalls wenn in ihnen ein Minimalpreis für CO2 eingeführt wird. Trotz des Fortschritts bei der Ausweitung solcher Bepreisungssysteme sind die Auswirkungen auf das Gemeinwohl, wenn die Einnahmen in die Verbesserung der Infrastrukturen investiert werden, bis heute stark unterschätzt worden. Die Debatte über CO2-Steuern könnte jetzt ein wichtiger Wendepunkt für die globale Klimapolitik sein“.

Die Studie wurde ausgezeichnet als “Best Overall Paper” bei der dritten Jahreskonferenz der Green Growth Knowledge Platform, einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), der Organisation für ökonomische Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Weltbank.

Artikel: Franks, M., Edenhofer, O., Lessmann, K. (2015): Why Finance Ministers Favor Carbon Taxes, Even If They Do Not Take Climate Change into Account. Environmental and Resource Economics [DOI:10.1007/s10640-015-9982-1]

Quelle: IDW-Online.de

Bild: smoke_stacks, David J, Flickr.com

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