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Deutsche Bank finanziert weiter Kohlekraftwerke – über ihre Kunden

Vor wenigen Tagen lobten die Medien einhellig die Deutsche Bank. Sie betreibe jetzt aktives Divestment und finanziere die Kohleindustrie nicht länger. Tatsächlich betrifft der Kohleausstieg jedoch nur die eigenen Bankinvestitionen – und die sollen auch nur um 20 Prozent reduziert werden. Energiekonzerne erhalten als Kunden der Bank weiter Kredite für die Kohleverbrennung; das ist der wesentlich größere Teil der Kohlefinanzierung.

Die Medien waren voll des Lobes: Die Deutsche Bank, geplagt von kontinuierlich schlechten Bilanzen und Milliarden Rückstellungen für Prozesse, steht mit einem Mal im positiven Licht. Sie plane einen teilweisen Ausstieg aus der Kohle, meldeten sie. „Deutsche Bank will aus Kohlefinanzierung aussteigen“, titelte Spiegel Online. „Deutsche Bank gibt keinen Kredit mehr für Kohlestrom“, hieß es bei Bild.de. Auch viele grüne Medien übernahmen das positive Bild des Divestments. Die Bewertung der Nichtregierungsorganisation Urgewald, die seit Jahren die Finanzierung der fossilen Energien durch die Banken beobachtet und kritisiert, fällt deutlich anders aus.

Die Bank wolle damit das Pariser Klimaziel unterstützen, hatte sie selbst mitgeteilt. Sie wolle die Finanzierung neuer Kohleminen und neuer Kohlekraftwerke stoppen. Ganz nebenbei ist das natürlich auch eine kluge Investitionsentscheidung, da sowohl Indien als auch China den Kohleausstieg signalisiert haben und Wind- und Solarstrom immer günstiger zu produzieren sind.

Urgewald-Geschäftsführerin Heffa Schücking begrüßt die Bank ebenfalls als neuen Divestor, bleibt aber kritisch: „Bislang gehört sie weltweit zu den zehn größten Finanzierern der globalen Kohleindustrie. Und die Ankündigung ist sehr unkonkret und geht am eigentlichen Problem weit vorbei“, sagt sie. Bekannt ist, dass die Bank die Kohlefinanzierung in den nächsten drei Jahren lediglich um 20 Prozent reduzieren will. Ein "Ausstieg" sieht anders aus. „Die jetzt veröffentlichte Richtlinie bezieht sich vor allem auf die direkte Finanzierung von Kohleprojekten, " ergänzt Schücking. "Die meisten Projekte werden jedoch indirekt über Firmenkredite und –anleihen finanziert. Hier spielt die Deutsche Bank eine zentrale Rolle als Geldgeber der Kohleindustrie. Durch die neue Richtlinie wird sich an dieser Form der Kohlefinanzierung nichts ändern.“

Ein Blick ins Portfolio der Deutschen Bank verdeutlicht das Problem: So sind beispielsweise der südkoreanische Konzern KEPCO und der indische Konzern NTPC wichtige Kunden der Deutschen Bank. Beide planen und bauen weltweit Kohlekraftwerke mit einer Kapazität, die höher liegt als die des gesamten deutschen Kohlekraftwerksparks (rund 48 Gigawatt). „Allein NTPC ist für den Bau von Kohlekraftwerken mit mehr als 37.000 Megawatt Leistung verantwortlich und liegt damit weltweit an 7. Stelle. KEPCO baut Kraftwerke auch in Ländern wie Vietnam oder den Philippinen, die derzeit einen regelrechten Kohle-Boom erleben. Dadurch wird dort eine jahrzehntelange Kohleabhängigkeit festgeschrieben“, so Schücking.

Andere europäische Banken sind hier schon viel weiter. So schließt die französische Bank Natixis bereits jetzt Unternehmenskredite für Firmen aus, die mehr als 50 Prozent ihres Geschäfts im Kohlekraftwerksbereich oder mit Kohlebergbau machen. Die Banken KBC, ING, Crédit Agricole und HSBC haben ähnliche Ausschlusskriterien eingeführt.

Schückings Fazit: „Trotz dieses Schritts bleibt die Deutsche Bank ein klarer Nachzügler beim Divestment. Will die Deutsche Bank tatsächlich ‚Klimaschutz in Taten umsetzen‘, muss sie viel größere Schritte machen.“

Wie sehr Divestment die Welt verändert und wie sich der konkrete Kohleausstieg von Städten und Bankkunden bewältigen lässt, lesen Sie im factory-Magazin Divestment, das kostenlos herunterzuladen ist, oder zum Teil auch online im Themenbereich.

Bild: Frankfurt, Deutsche Bank, Carsten Frenzl, flickr.com

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