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VW schummelt – die Anderen schweigen diskret

Seit Jahren entsprechen die Angaben über Verbrauchs- und damit Emissionswerte der Automobilhersteller nicht der erfahrbaren Realität. Die Konsequenz wäre eine Anpassung der Realität an die Testzyklen, meint Klaus Dosch, wissenschaftlicher Leiter der Aachener Stiftung.

Ausgesprochenes Pech für VW. Die Prüfstand-schnüffelnde Schummelsoftware betrügt offensichtlich nicht nur bei einigen Motoren hinsichtlich der Stickoxid-Emissionen. Nun ist auch noch CO2 dran, das Klimagas. Freilich steht weder in der Presse noch in den blumigen Erklärungen von VW, dass CO2 äquivalent ist mit Benzin- oder Dieselverbrauch. Bei der Verbrennung von einem Liter Diesel entstehen nämlich rund 2,6 kg CO2, bei Benzin sind es 2,3 kg CO2. Immer, das ist Chemie.

Nun ist auch dies amtlich: VW schummelt auch beim Spritverbrauch, die Autos sind in der Realität in den letzten 10 Jahren weder spritsparender noch umweltfreundlicher geworden. Wirklich interessant ist das nicht – jeder Autofahrer weiß das eigentlich, und das gilt nicht nur für VW. Die anderen Hersteller haben sich wahrscheinlich schlauer bei der Programmierung der Motorsoftware angestellt, deren Algorithmen etwas weniger offensichtlich auf den Prüfzyklus abgestimmt. Der in der Praxis erzielbare Treibstoffverbrauch weicht jedenfalls immer mehr vom Normverbrauch ab. Zahllose Tests weisen dies nach, Webseiten wie spritmonitor.de belegen die Schummelei sogar statistisch.

Die Konsequenz daraus ist durchaus bitter: Die Automobilindustrie ist nicht willens oder technisch nicht in der Lage, Fahrzeuge zu bauen, welche die geforderten Umweltgrenzwerte in der täglichen Fahrpraxis einhalten. Nun gibt es grundsätzlich zwei Ansatzpunkte für das weitere Vorgehen. Sicherlich muss der Testzyklus näher an den realen Fahrsituationen sein. Aber auch bei den derzeit diskutierten neuen Testzyklen wird mit Höchstgeschwindigkeiten von maximal 130 km/h operiert. Also muss sich die Gesetzeslage am neuen Fahrzyklus orientieren: Eine Höchstgeschwindigkeit muss her, diese muss im Bereich der im Testzyklus erreichten maximalen Geschwindigkeit liegen. Sonst kann ja niemand garantieren, dass die Fahrzeuge oberhalb der getesteten Geschwindigkeit nicht umweltmäßig die Sau rauslassen.

PS: Ich fahre so ein Betrugsauto. Einen Golf VI Blue Motion. Bis heute hat VW mir nicht geschrieben, wie es weitergehen soll. Nicht einmal eine Entschuldigung. Hochglanzbroschüren zur Bewerbung der neuesten Produkte von VW indes erhalte ich mindestens monatlich.

Klaus Dosch ist Geologe und Wirtschaftsingenieur und wissenschaftlicher Leiter der Aachener Stiftung Kathy Beys, Mitherausgeberin der factory. Sein Kommentar erschien zuerst im Blog der Aachener Stiftung.

Bild: Volkswagen 2015, Christopher Dombres, Flickr.com



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